Portrait von Wolfgang Schäuble
Wolfgang Schäuble
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Wolfgang Schäuble zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Michael H. •

Frage an Wolfgang Schäuble von Michael H. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr. Schäuble,

wie stehen Sie zu dem Thema Völkermord an den Armeniern?

Offensichtlich scheint es in der Bundesrepublik Deutschland nicht verboten zu den sein, den Völkermord an den Armeniern in den Schulen und öffentlich zu leugnen.(siehe http://www.politikcity.de/forum/showthread.php?t=22802&page=3 )
Auch eine Beleidigung der Opfer des Genozids von 1915, dem anderthalb Millionen Armenier zum Opfer fielen, scheint in diesem Zusammenhang straffrei zu sein.
Vielmehr scheinen sich türkischstämmige Jugendlichen gegenseitig bei der Leugnung des Genozides zu unterstützen.

Wie ist Ihre Auffassung zu dieser Theamtik? Sollte die Leugung des Genozides an den Armeniern unter den Straftatbestand des §130 StGB fallen?

Portrait von Wolfgang Schäuble
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Hartenstein,

die Tatsache, dass im Jahre 1915 auf Veranlassung der jungtürkischen Bewegung des Osmanischen Reiches eine große Zahl von Armeniern zu Opfern von Massakern und Vertreibungen wurden, gilt heute als sicher. Unter Historikern in Deutschland besteht darüber Einigkeit, auch wenn einzelne Stimmen das Gegenteil behaupten. Im Jahr 2005 hat der Deutsche Bundestag einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit den Stimmen aller Fraktionen angenommen, in dem diese Verbrechen verurteilt und die Türkei aufgefordert wird, sich vorbehaltlos mit Ihrer Rolle gegenüber dem armenischen Volk auseinanderzusetzen.

Ich halte es für bedenklich, dass auch heute noch in der Türkei die Erwähnung der Verbrechen an den Armeniern unter Strafe gestellt ist. Die Meinungsfreiheit muss auch in dieser Frage garantiert sein. Darüber hinaus steht das Verhalten der Türkei in dieser Frage im Widerspruch zu der Idee der Versöhnung, die die Europäische Union leitet. Alle Staaten der EU bekennen sich heute auch zu ihren dunklen Seiten und arbeiten ihre Vergangenheit in allen Aspekten auf. Hiervon ist die Türkei noch weit entfernt. Ich halte es für unumgänglich, dass sich auch die Türkei mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzt und es Historikern ermöglicht, die Vorgänge zu bearbeiten.

Auf diese zuvorderst innertürkische Diskussion kann die Bundesrepublik jedoch nur bedingt Einfluss nehmen. Eine Erweiterung des deutschen Strafgesetzbuches in der von Ihnen vorgeschlagenen Weise bewirkte daher kaum etwas, um die türkisch-armenischen Beziehungen zu verbessern. Viel wichtiger ist es, Türken und Armenier dabei zu unterstützen, über die Gräben der Vergangenheit hinweg nach Wegen der Versöhnung und Verständigung zu suchen.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Dr. Wolfgang Schäuble