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Frage von Marco V. •

Frage an Wolfgang Schäuble von Marco V. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Dr. Schäuble,

warum wurden die völkerrechtswidrigen Gebietsverluste Deutschlands seit dem 1. Weltkrieg nie einer Revision unterzogen? Zumindest der Gebietsstand vom 31.12.1973 gilt als völkerrechtlich unumstößlich. Weder der Warschauer Vertrag von 1970, noch der 2+4 Vertrag von 1990 ändern daran etwas. In beiden Verträgen wird der Grenzverlauf (Oder-/Neiße) bestätigt und als unverletzlich (Gewaltverzichtserklärung), aber nicht als unantastbar deklariert. Beide Verträge sind im juristischen Sinn weder Gebietsabtretungsverträge (an Polen) noch verbindliche Anerkennungen einer Grenze! Falls man von politischer Seite, von einer Annexion der Ostgebiete ausgeht, so muss auch hier klar gestellt werden, dass Annektierungen von fremdem Staatsgebiet gegen jegliches Völkerrecht verstoßen. Bereits die Haager Landkriegsordnung von 1907 lässt dies nicht zu. In so fern, kann also eine Annexion Schlesiens, Pommerns, Ostpreußens durch Polen/Sowjetunion nur unzulässig gewesen sein. Alles was sich um das Gebiet Deutschlands dreht, zumindest aber in den Grenzen von 1937 (Stichtag: 31.12), wäre also voll revisionsfähig. Warum hat man die Abtrennung von rund einem Viertel Deutschlands dennoch zugelassen, und, wollen Sie dieses Feld eigentlich den Rechtsextremen überlassen?

Hr. Dr. Schäuble, ich erwarte nicht weniger als eine fundierte, aussagekräftige Antwort von Ihnen, da sie maßgeblich am "Einigungsvertrag" beteiligt waren.

Vielen Dank im Voraus.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Vogler,

die Grenzen der Bundesrepublik Deutschland sind völkerrechtlich verbindlich festgelegt durch den im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik einerseits und der Französischen Republik, der Sowjetunion, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten von Amerika andererseits geschlossenen Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland (sog. Zwei-plus-vier-Vertrag) vom 12. September 1990 (BGBl. (1990) II, S. 1317) und im Verhältnis zu Polen durch den Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenze vom 14. November 1991 (BGBl. (1991) II, S. 1329 ff.).

Der deutsch-polnische Grenzvertrag bestätigt die zwischen Deutschland und Polen bestehende Grenze und bestimmt die territoriale Zuordnung eines Gebietes zu dem jeweiligen Staat völkerrrechtlich (vgl. die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der Neuen Juristischen Wochenschrift 1992, S. 3222 ff.). In diesem Vertrag wird rechtsverbindlich erklärt, dass die zwischen Deutschland und Polen bestehende Grenze jetzt und in Zukunft unverletzlich ist und dass Deutschland und Polen gegeneinander keinerlei Gebietsansprüche haben und solche auch in Zukunft nicht erheben werden. Ihre Annahme, dass Deutschland völkerrechtlich noch in den Grenzen vom 31. Dezember 1937 fortbestehe, ist daher nicht zutreffend.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Dr. Wolfgang Schäuble, MdB