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Frage von Petra D. •

Frage an Wolfgang Schäuble von Petra D. bezüglich Frauen

Sehr geehrter Herr Dr. Schäuble,

ich bin eine Mutter, die vor 1992 vier Kinder geboren hat. Für jedes Kind bekomme ich genau 22,22 Euro mehr Rente. Es gibt keine Erklärung, die mit dem gesunden Menschenverstand konform geht, warum Mütter, die vor 1992 Kinder geboren haben, nur einen Rentenpunkt erhalten. Wie ich aus den Medien erfahren konnte, vertreten Sie die Meinung, die angedachten höheren Mütterrenten wären "unfinanzierbar". Wie wollen Sie dem "gemeinen Fußvolk" dies vermitteln, zumal höhere Diäten etc. niemals "unfinanzierbar" sind? Vor allem geht es dabei um die "Trümmerfrauen" in Ost und West, die Deutschland aus Schutt und Asche geholt haben und jetzt oft in Armut leben müssen. Die Politiker brauchen sich nicht wundern, dass die Wahlbeteiligung immer geringer wird, denn alles was bleibt, sind Versprechungen vor den Wahlen (Stichwort: Kalte Progression...unter Anderem).

Es wäre wirklich schön, wenn die "alten Mütter" eine kleine Anerkennung für ihre Lebensleistung erhalten würden - dies wäre ein "Zeichen", dass Politiker "ein Herz für (alte) Mütter" haben. In meinem Fall würde ich etwa 100 Euro mehr Rente bekommen und könnte mir dadurch einen kleinen Urlaub leisten, der so nicht "drin" ist.

In diesem Sinne grüße ich Sie,

Petra Dörfer.

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Dörfer,

haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben, in dem Sie sich für die vollständige Anerkennung von Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder bei der Rente aussprechen. Ich habe den Eindruck, dass unsere Auffassungen gar nicht weit auseinander liegen. Die nach dem Prinzip des Generationenvertrages organisierte Gesetzliche Rentenversicherung ist immer auch „Alterslohn für Lebensleistung“: Kein Almosen der Gesellschaft, sondern gerechte Gegenleistung für zuvor geleistete Beiträge. Dass die Pflege und Erziehung von Kindern eine gewaltige Leistung darstellt, wie im Übrigen auch die Pflege Älterer, steht außer Frage.

Allerdings gilt auch: Wenn wir heute die Regelung für vor und nach 1992 geborene Kinder sofort vollständig angleichen würden, kämen auf die Gesetzliche Rentenversicherung Mehrausgaben von ca. 13 Milliarden Euro zu. Ein solcher Betrag lässt sich nicht auf einen Schlag finanzieren, ohne dass es an anderer Stelle zu Ungerechtigkeiten kommen kann. Wir müssen auch die Auswirkungen auf die Beiträge zur Rentenversicherung und das allgemeine Rentenniveau im Blick behalten. Die Finanzierungsalternative einer weiteren Aufstockung des Zuschusses aus dem Bundeshaushalt scheidet aus. Der Zuschuss des Bundeshaushalts zur Rentenversicherung beträgt bereits heute mehr als 80 Milliarden Euro – bei einem Haushaltsvolumen von etwa 300 Milliarden Euro. Die Menschen erwarten zu Recht von der Bundesregierung, dass sie für solide Staatsfinanzen sorgt. Das bedeutet aber auch, dass wir den Umfang der finanziellen Anerkennung von Leistungen bei der Kindererziehung abwägen müssen mit anderen öffentlichen Aufgaben, die für die Sicherung unseres gemeinsamen Wohlstands und nicht zuletzt für die Entwicklungschancen unserer Kinder und Enkel notwendig sind.

Ich bin zuversichtlich, dass wir noch in dieser Legislaturperiode eine Lösung finden werden. Mit Rücksicht auf die begrenzten öffentlichen Mittel haben wir im Koalitionsausschuss und auf dem CDU-Parteitag ein schrittweises Vorgehen vereinbart, dessen Details derzeit unter der Federführung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales erarbeitet werden. Damit wird es keine sofortige vollständige Angleichung bei der Anerkennung der Kindererziehungszeiten geben. Aber wir werden einen maßvollen Weg finden, wie wir dem Gerechtigkeitsempfinden ebenso wie der Notwendigkeit solider Staatsfinanzen entsprechen können.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Schäuble