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Frage von Björn W. •

Frage an Wolfgang Schäuble von Björn W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Hr.Minister ,

am 5.08.2009 antworteten Sie einem Herrn Klein auf eine Anfrage mit folgendem Wortlaut :
"Der Zwei-plus-Vier-Vertrag führte zur Beendigung der Rechte und Verantwortlichkeiten der vier Mächte in Bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes. Durch diesen Vertrag erlangte Deutschland die volle Souveränität über seine inneren und äußeren Angelegenheiten."

Am Freitag den 18.11.2011 sprachen Sie in der Alten Oper in Frankfurt (European Banking Congress)
sagten Sie dann folgenden Satz :"Und wir in Deutschland sind seit dem 8. Mai 1945 zu keinem Zeitpunkt mehr voll souverän gewesen."

Meine Fragen hierzu :
Stimmt Ihre letze Behauptung ? Sind wir wirklich nie und zu keinem Zeitpunkt (seid 1945) mehr voll souverän gewesen ? Wie erklären Sie sich dazu Ihre Aussage vom 5.08.2009 in der es hieß das wir seid 1990 die volle Souveränität wieder erlangt haben ? Hat die europäische Krise etwas mit Ihrem Meinungsumschwung zu tun , oder gibt es hierfür eine andere sachlich begründete Erklärung ?

Mit freundlichen

Björn Wiewel

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Wiewel,

zu Ihrem Verständnis des von mir auf dem European Banking Congress 2011 angeführten Souveränitätsbegriffs gebe ich Ihnen den ganzen Kontext meiner Ausführungen wieder: „Die Kritiker, die meinen, man müsse eine Konkurrenz zwischen allen Politikbereichen haben, die gehen ja in Wahrheit von dem Regelungsmonopol des Nationalstaates aus. Das war die alte Ordnung, die dem Völkerrecht noch zugrunde liegt, mit dem Begriff der Souveränität, die in Europa längst ad absurdum geführt worden ist, spätestens seit den zwei Weltkriegen in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Und wir in Deutschland sind seit dem 8. Mai 1945 zu keinem Zeitpunkt mehr voll souverän gewesen. Und deswegen ist der Versuch in der europäischen Einigung eine neue Form von Gouvernements zu schaffen, wo es eben nicht eine Ebene, die dann nicht für alles zuständig ist und dann im Zweifel durch völkerrechtliche Verträge bestimmte Dinge auf andere überträgt, nach meiner festen Überzeugung für das 21.Jahrhundert ein sehr viel zukunftsweisender Ansatz, als der Rückfall in die Regelungsmonopol-Stellung des klassischen Nationalstaates vergangener Jahrhunderte. “

Hinsichtlich Ihrer Frage handelt es sich also um einen Hinweis auf die eingeschränkten Hoheitsrechte eines Staates innerhalb einer supranationalen Gemeinschaft wie der Europäischen Union. Diese Lage bestand auch schon nach der deutschen Wiedervereinigung, dies ist insofern keine Neuigkeit sowohl für die Zukunft als auch die Vergangenheit.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Schäuble