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Frage von Gabi U. •

Frage an Wolfgang Schäuble von Gabi U. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Dr. Schäuble,

eine Frage würde mich ja brennend interessieren und ich hoffe, Sie können mir eine plausible Antwort darauf geben:
Wie erklären Sie mir, dass bei Lebenspartnerschaften einkommenssteuer bezogen jeder der Partner als Single behandelt wird und somit den höchsten Steuersatz zu zahlen hat. Geht es jedoch um Hartz 4, wird aus den beiden Singles eine so genannte Bedarfsgemeinschaft und wird so beurteilt bzgl. des Regelsatzes, als ob man verheiratet ist.
Ich komme eindeutig zu dem Schluß, dass der Staat hier wissentlich betrügt. Wenn es darum geht, Steuern vom Bürger zu erheben, dann wird dieser so gestellt, wie der Staat das meiste Geld von ihm abzocken kann. Geht es gegenteilig um Zahlungen des Staates an den Bürger, wird er widerum so gestellt, dass der Staat viel Geld sparen kann.
Das ist sicher nicht nur in dem o.a. Beispiel der Fall.
Ich bitte um Antwort
Gabi Ullmann

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Ullmann,

das Ehegattensplitting ermöglicht den Ehegatten – ohne eine ertragsteuerliche Schlechterstellung befürchten zu müssen – die freie Entscheidung darüber, ob nur ein Ehepartner einen möglichst hohen Beitrag zum Familieneinkommen erwirtschaften will, während der andere Partner den Haushalt führt, oder beide Partner sowohl im Haushalt als auch im Beruf tätig sein wollen. Es handelt sich daher nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts um keine beliebig veränderbare Steuervergünstigung, sondern um eine an dem Schutzgebot des Artikels 6 Abs. 1 GG und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Ehegatten nach Artikel 3 Abs. 1 GG orientierte, sachgerechte Besteuerung. Soweit andere Formen des Zusammenlebens von der Anwendung der Splittingregelungen ausgeschlossen sind, stellt sich dies als verfassungsrechtlich zulässige Förderung des Rechtsinstituts der Ehe dar. Aus Artikel 6 Abs. 1 GG folgt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht nur ein Schutz-, sondern auch ein Institutsförderauftrag für die Ehe, welche er fördern darf, weil aus ihr typischerweise Kinder hervorgehen.

Die Vorschriften zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II haben demgegenüber ein anderes Ziel. Dort werden auch nicht verheiratete zusammenlebende Paare als eine Bedarfsgemeinschaft erfasst, weil ansonsten durch die Eheschließung eine Schlechterstellung eintreten würde. Eine Schlechterstellung von Ehepaaren ist jedoch aufgrund des oben genannten Schutzauftrags unzulässig. Hinzu kommt, dass Leistungen nach dem SGB II nur gewährt werden, wenn der Lebensunterhalt der betroffenen Personen nicht durch eigenes Einkommen und Vermögen gedeckt werden kann. Da sowohl die im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten als auch die im gemeinsamen Haushalt lebenden nicht ehelichen Lebensgemeinschaften dieselbe Bedürftigkeit aufweisen und den Lebensunterhalt gemeinsam bestreiten, werden diese Gemeinschaften als eine Bedarfsgemeinschaft aufgefasst.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Wolfgang Schäuble