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Frage von Monika S. •

Frage an Wolfgang Schäuble von Monika S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Schäuble,

die Finanzkrise ist noch nicht überwunden, die Steuerzahler (selbst die noch nicht geborenen) werden extrem durch die den Banken und Spekulanten zur Verfügung gestellten Steuergelder belastet mit direkten schwer negativen Auswirkungen auf alle Lebensbereiche.
Es wurden, weder auf nationaler als auf europäischer Ebene korrigierende Massnahmen beschlossen, obwohl die Aussage von Frau Merkel in dieser Hinsicht eindeutig war.
Inzwischen sind Banken (darunter auch die Deutsche Bank, die einen Rohstoffabteilung in ihrer Londoner Niederlassung eingerichtet hat) dabei, aktiv im Rohstoffhandel tätig zu sein allein mit der Absicht, direkter am Marktgeschehen zu sein, es besser bewerten und manipulieren zu können und dadurch höhere Gewinne abschöpfen zu können. Höhere Kakaopreise z.B. haben wir auch der Deutschen Bank zu verdanken.
Hier lässt sich, nur alleine durch gesunden Menschenverstand, vorhersehen, welche Entwicklung das nehmen wird. Banken im direkten Rohstoffhandel. Die Preise für Grundnahrungsmittel besonders werden mit Hilfe der Grossbanken eine deutliche nachteilige Entwicklung durch derartige Manipulationen für die Verbraucher haben, die nächste Blase wird hier schon prognostiziert.
Ich bitte Sie und fordere Sie hiermit öffentlich auf, Stellung zu diesen Vorgängen zu beziehen und Aufklärung zu geben, welche Massnahmen Sie bzw. die Bundesregierung unternehmen wird, derartige Vorgänge zu unterbinden und Schaden abzuwenden. Hier ist Gefahr in Verzug.
Sie haben Kenntnis über diese Vorgänge. Ihre Aktionen sollten unverzüglich und kurzfristig erfolgen.
Vielen Dank für Ihre kurzfristige Stellungnahme in dieser wichtigen Sache.

Monika Strätker

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Strätker,

vielen Dank für Ihre Anfrage zu einem wichtigen und hochaktuellen Thema. Ich bin mir der Bedeutung funktionsfähiger, globaler Energie-, Agrar- und Nahrungsmittelmärkte für die weltweite Versorgung mit Lebensmitteln bewusst. Übermäßige Preisschwankungen infolge von Finanztransaktionen, die keinem wirtschaftlichen Absicherungsmotiv dienen, können nur verhindert werden, wenn die Transparenz auf den physischen Märkten erhöht wird und wenn gleichzeitig die Aktivitäten auf den nachgeordneten Derivate- und Warenterminmärkten angemessen beaufsichtigt und reguliert werden. Dies betrifft in der Tat auch die zunehmenden Aktivitäten internationaler Finanzinstitute auf den Energie- und Rohstoffmärkten.

Die Bundesregierung setzt sich in diesen Bereichen vehement für eine Verbesserung der Aufsicht und Regulierung ein. So wird im G8-Rahmen sowie im Internationalen Energieforum (IEF) geprüft, wie die Transparenz und Aufsicht auf den Ölmärkten verbessert werden kann, um dadurch eine überhöhte Ölpreisvolatilität zu reduzieren. Im September 2009 ist dieses Thema auf dem Gipfel in Pittsburgh erstmals auch im Kreis der G20 behandelt worden. Auch auf dem kommenden G20-Gipfel im November 2010 wird die Problematik voraussichtlich wieder auf der Tagesordnung stehen.

Darüber hinaus werbe ich dafür, die Diskussion im Rahmen der G20 nicht allein auf die Verbesserung der Transparenz und Funktionsfähigkeit von Öl- und Energiemärkten konzentrieren, sondern auch angrenzende Bereiche einzubeziehen, insbesondere die Rohstoff-, Agrar- und Nahrungsmittelmärkte. Eine wichtige Rolle spielen in diesem Zusammenhang die sogenannten "Over the Counter" (OTC)-Derivatemärkte und deren Handel mit auf Rohstoffen, Öl und Agrarprodukten basierenden Finanzprodukten. Die Regulierung dieser OTC-Derivategeschäfte stellt einen wichtigen Baustein im Rahmen der seit dem Ausbruch der Krise eingeleiteten umfangreichen Reformen der internationalen Finanzmarktregulierung und -Aufsicht durch die G20-Staaten dar. Hierbei sind auf G20-Ebene bereits Vereinbarungen getroffen werden, die derzeit auf EU- wie auf nationaler Ebene umgesetzt werden. Bei aller nötigen Sorgfaltspflicht in einer überaus komplexen Materie gehen wir hierbei so zügig wie möglich vor.

Es geht im Kern darum, Finanztransaktionen mit Rohstoffen, Energie- und Agrarprodukten angemessen zu erfassen und negative Auswirkungen solcher Aktivitäten auszuschließen. Ich stimme Ihnen zu, dass wir hierbei besonderes Augenmerk auf die Frage legen müssen, ob und in welchem Ausmaß das zunehmende Engagement internationaler Finanzinstitute in physischen Rohstoffmärkten negative Konsequenzen für die Realwirtschaft, insbesondere auf die weltweite Versorgung mit Agrarprodukten und Nahrungsmitten, haben kann. Dies gilt umso mehr angesichts der möglichen Kombination des Engagements auf physischen Märkten mit entsprechenden Finanztransaktionen auf nachgelagerten Märkten, die zu mißbräuchlichen Preisverzerrungen und somit zu eingeschränkter Funktionsfähigkeit dieser Märkte führen könnten.

Vor diesem Hintergrund setzt sich die Bundesregierung in enger Abstimmung insbesondere mit ihren europäischen Partnern für eine Fortführung und Intensivierung der Befassung der G20 mit diesen Themen ein, die ausdrücklich alle genannten Aspekte umfassen muss, um eine angemessene und umfassende Aufsicht und Regulierung dieser komplexen Märkte zu ermöglichen. Das G20-Format als Zusammenschluss wichtiger Industrie- und Schwellenländer ist für die Diskussion dieser Fragen das geeignete, da eine Verbesserung der Rahmenbedingungen der globalisierten Energie-, Agrar- und Rohstoffmärkte nur auf internationaler Ebene wirksam sein kann. Ein Erfolg dieses Engagements hängt entscheidend von den internationalen Abstimmungsprozessen und dem Willen aller Beteiligten ab, Erfolge auf diesem Gebiet zu erzielen.

Ich hoffe, dass auch die Öffentlichkeit diesen Prozess weiterhin aufmerksam begleitet, so wie Sie es mit Ihrem Beitrag dokumentiert haben.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Wolfgang Schäuble