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Frage von Carina S. •

Frage an Wolfgang Schäuble von Carina S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Dr. Wolfgang Schäuble,

im Zuge meiner Seminararbeit beschäftige ich mich mit der Währungskrise und ob sie eine potentielle Gefahr für die Demokratie darstellt und würde Ihnen gerne diesbezüglich Fragen stellen.

Sind Sie der Auffassung, dass unsere Demokratie durch die Währungskrise gefährdet wird? Glauben Sie Politikverdrossenheit wenn nicht sogar die politische Radikalisierung wird durch die Finanzkrise gefördert? Sehen Sie diesbezüglich parallelen zu der Weltwirtschaftskrise 1929?

Haben ihrer Meinung nach die Politiker in Deutschland richtig reagiert?
Können wir derzeit überhaupt noch von einer Euro-Krise reden?

Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Stark,

ich bin überzeugt, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise, die wir seit 2008 erleben, keine Gefahr für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung darstellt. Dafür gibt es keinerlei Anzeichen. Auch die Krise des Euro im Frühjahr 2010, welche teilweise durch die Finanz- und Wirtschaftskrise verursacht wurde, lässt hier keine andere Einschätzung zu.

Das zügige Handeln der Bundesregierung im Rahmen der Euro-Stabilisierung war erforderlich geworden, um einen Dominoeffekt innerhalb der Euro-Zone zu vermeiden und Risiken für die Stabilität der Gemeinschaftswährung insgesamt abzuwenden. Das Schutzschild dient in seiner Größe vorrangig zur Abschreckung gegen weitere Spekulationen. Es steht daher nicht zu erwarten, dass Deutschland in Höhe des gesteckten Bürgschaftsrahmens in Anspruch genommen wird.

Die mit der Hilfe für Griechenland verbundenen Auflagen zeigen bereits Wirkung. Unter der Kontrolle der EU und des Internationalen Währungsfonds setzt die griechische Regierung ein umfassendes Spar- und Reformprogramm durch. Ein Übergreifen der Krise auf andere Volkswirtschaften blieb aus. Somit kann die gemeinsame Anstrengung aller Euro-Länder bereits heute als Erfolg gelten.

In der Öffentlichkeit führen die großen Summen, mit denen die Banken und der Euro stabilisiert werden mussten, vereinzelt zu Fehlinterpretationen. Die getroffenen Maßnahmen waren aus volkswirtschaftlicher Sicht zwingend erforderlich und stellen keine Bevorzugung einzelner Branchen dar. Es wäre also abwegig, hieraus zu schließen, dass die Konsolidierungsbemühungen Ausnahmen zuließen. Der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt und die Schuldenbremse des Grundgesetzes erfordern umfassende Sparmaßnahmen, die die Bundesregierung mit dem Haushalt 2011 einleitet. Letztlich bestätigt das für dieses Jahr prognostizierte Wirtschaftswachstum von über 3% des BIP, dass die bisherige wachstumsorientierte Sanierung der Finanzen richtig war. Spätestens mit der weiter sinkenden Arbeitslosigkeit werden auch die Kritiker den Erfolg unserer Politik zur Kenntnis nehmen müssen. Ich sehe daher keinen Anlass für eine zunehmende Politikverdrossenheit.

Auch das relativ geringe politische Interesse junger Leute ist keine Folge bestimmter politischer Entscheidungen, sondern vielmehr ein Ergebnis der sich zunehmend diversifizierenden Gesellschaft. Durch ein immer größer werdendes Angebot an Freizeitgestaltungsmöglichkeiten nimmt die Bindungskraft fester Organisationen, wie z.B. der Parteien, ab. Daher sind die jüngsten Ergebnisse der Shell Jungendstudie 2010, die gerade bei jungen Leuten bis 18 Jahren ein deutlich gestiegenes Interesse an Politik nachweisen, ein besonders erfreuliches Zeichen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Wolfgang Schäuble