Frage an Wolfgang Schäuble von Harald S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Dr.Schäuble,
warum gehen Sie an Sparmaßnahmen im öffentlichen Dienst nur halbherzig heran?
Beamte sind in allen Bereichen Spitzenverdiener ohne Leistungsnachweis und benötigen nicht obendrein noch Weihnachtsgeld. Außerdem sollten Sie bei der Bemessung von Pensionen das Durchschnittsgehalt berücksichtigen und Gefälligkeits-Beförderungen in den letzten Dienstjahren unterbinden. Behandeln Sie Beamte einfach wie jeden anderen Bundesbürger auch.
mit freundlichen Grüßen
Harald Schlottmann
PS: in der Hoffnung, dass diese Mail Sie überhaupt erreicht!!
Sehr geehrter Herr Schlottmann,
Ihrer Behauptung, im öffentlichen Dienst würde nur halbherzig gespart, vermag ich nicht zu folgen. Das von der Bundesregierung verabschiedete Zukunftspaket sieht unter anderem vor, dass die Verwaltungsausgaben des Bundeshaushalts mittelfristig pauschal um rund 4 Mrd. Euro jährlich reduziert werden - u.a. durch den Abbau von mehr als 10.000 Stellen bis 2014. Durch einen Verzicht beim Weihnachtsgeld für Beamte in 2011 werden außerdem die Bezüge gegenüber dem geltenden Recht um 2,5 Prozent abgesenkt. Diese Beiträge zeigen, dass die Verwaltung im allgemeinen, aber auch die Beamtinnen und Beamte im besonderen einen wichtigen Sanierungsbeitrag leisten. Details zum Zukunftspaket entnehmen Sie bitte folgendem Link.
Zu Ihrer Kritik am Besoldungs- und Versorgungsystem von Beamten erwägen Sie bitte nachstehende Erläuterungen:
1. Vergleich der Gehälter von Beamten und Tarifbeschäftigten
Beamtinnen und Beamten zahlt der Dienstherr einen angemessenen Lebensunterhalt (sogenanntes "Alimentationsprinzip"). Daraus aber abzuleiten, dass Beamte "Spitzenverdiener" seien, entspricht nicht der Realität. Bitte bedenken Sie, dass Beamte des höheren Dienstes ein Hochschulstudium absolviert haben. In der Wirtschaft können mit vergleichbarem Abschluss in der Regel deutlich höhere Einkünfte erzielt werden, zugegebenermaßen jedoch bei nicht gleichwertiger Arbeitsplatzsicherheit. Die Gehälter der Beschäftigten des gehobenen oder des mittleren Dienstes liegen allerdings erheblich unter diesem Niveau. Ein Gehältervergleich ist auch deshalb schwierig, weil viele Tätigkeiten von Beamten mit Berufen der Privatwirtschaft nicht vergleichbar sind. Polizisten, Feuerwehrleute, Inspektoren, Steuerfahnder oder Rechtspfleger bei der Justiz sind typische Funktionen mit hoheitlichen, weisungsgebundenen Aufgaben, die daher Beamten und nicht Privaten übertragen werden.
2. Leistungsprinzip
Das Leistungsprinzip gilt für Beamte und ist vom Grundgesetz (GG) in Artikel 33 Absatz 2 vorgeschrieben: "Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte." Der Gesetzgeber hat diesen Grundsatz für Bundesbeamte im Beamtengesetz des Bundes und in der Bundeslaufbahnverordnung konkretisiert. Dort wird im Detail geregelt, nach welchen Leistungskriterien und Verfahren Beamtinnen und Beamte ausgewählt, eingestellt, beurteilt und befördert werden. Vor diesem Hintergrund halte ich Ihren Vorwurf, Beamte seien Spitzenverdiener ohne Leistungsnachweis, für verfehlt. In der Regel verfügen die Beamten und Beamtinnen über gute bis sehr gute Abschlussnoten - egal ob Hochschul-, Fachhochschul- oder Berufszeugnis.
3. Altersversorgung der Beamten
Während sich die gesetzliche Rentenversicherung überwiegend durch Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern finanziert wird und Rentner vielfach ergänzend eine betriebliche Altersversorgungen erhalten, werden Pensionen aus dem laufenden Haushalt bezahlt. Bitte beachten Sie aber, dass die Pensionen voll zu versteuern sind. Das gilt für die Renten nach dem Alterseinkünftegesetz gleichermaßen erst ab 2040.
Darüber hinaus werden seit Ende der 90er Jahre zur Entlastung der Bundeshaushalte Versorgungsrücklagen gebildet. Die Finanzierung erfolgt durch einen eigenständigen Beitrag der Beamtinnen und Beamte sowie der Pensionäre - Besoldungs- und Versorgungsanpassungen werden um einen bestimmten Betrag reduziert und in die Versorgungsrücklage überführt. Ab dem Jahr 2018 wird der laufende Haushalt so um rd. 500 Mio. Euro pro Jahr entlastet. Zusätzlich werden für alle Beamten und Beamtinnen, die seit dem 1. Januar 2007 neu beim Bund eingestellt werden, Beträge in einen auf Dauer angelegten Versorgungsfonds eingezahlt. Damit wird die Beamtenversorgung des Bundes schrittweise auf eine vollständige Kapitaldeckung umgestellt. Die Versorgungsausgaben für die seit dem 1. Januar 2007 eingestellten Beamten und Beamtinnen sollen ab dem Jahr 2020 vollständig aus diesem Fonds gezahlt werden.
Ich bin der Auffassung, dass die Beamtinnen und Beamten mit diesen Maßnahmen ihren Beitrag zur Sanierung der Staatsfinanzen leisten und mit den genannten Rücklagen den Modernisierungsprozess des Versorgungsystems vorantreiben.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Schäuble