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Frage von Franz-Josef S. •

Frage an Wolfgang Schäuble von Franz-Josef S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Dr. Schäuble,

seit vielen Jahren ist das deutsche Steuerrecht für mich ein großes Ärgernis und trägt maßgeblich zu meiner wachsenden Politikverdrossenheit bei. Dieses Steuerrecht ist so kompliziert und unüberschaubar, dass es zwangsläufig ungerecht ist. Es erfüllt in keiner Weise den Grundsatz, dass jeder nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Steuern zahlen muss.

Mit dieser Auffasssung bin ich offensichtlich nicht allein. Die Bundeskanzlerin und die 3 Regierungsparteien haben im Hinblick auf das zu ändernde Steuersystem mit dem Slogan geworben, "einfach, niedrig, gerecht".

Nun höre und lese ich immer wieder, dass eine wirkliche Steuerstrukturreform kommen soll, mit dem Ziel, ein einfaches und gerechtes Steuersystem einzuführen. Dem wird jedoch von anderer Seite - auch von Ihnen - mit dem Argument widersprochen, eine solche Reform sei in naher Zukunft nicht möglich, weil unfinanzierbar.

Können Sie mich bitte darüber aufklären, warum die Einführung eines einfachen und gerechten Steuersystems mit einer massiven Verringerung des Steueraufkommens insgesamt verbunden ist. Warum kann dieses erstrebenswerte Steuerrecht nicht aufkommensneutral eingeführt werden?

Ist es nicht so, dass diejenigen, die von dem derzeitigen Steuersystem begünstigt werden, geschützt werden sollen und deshalb das gesamte Steuerniveau so weit gesenkt werden soll, dass auch die Profiteure des geltenden Steuerrechts nachher nicht mehr zahlen müssen als zuvor? Wenn das nicht der Grund für das Hinauszögern eines einfachen und gerechten Steuersystems sein sollte, klären Sie mich doch bitte auf.

Mit freundlichen Grüßen

Franz-Josef Scheuer

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Sehr geehrter Herr Scheuer,

es besteht nur ein sehr geringer Spielraum für eine aufkommensneutrale Steuerreform. Dies hat einen einfachen Grund: Eine Steuersenkung von 10 Euro wirkt auf die Betroffenen wie eine Kleinigkeit, eine entsprechende Steuererhöhung wird dagegen häufig als nahezu existenzgefährdend empfunden. Mit anderen Worten: Für jeden Euro, mit dem in einer Steuerreform - für wen auch immer - Entlastung geschaffen werden soll, muss an anderer Stelle jemand anderes mit einem Euro belastet werden, sofern die Reform wirklich aufkommensneutral sein soll. Da solche Belastungen bei zu vielen erhebliche Widerstände auslösen, ist eine aufkommensneutrale Steuerreform ganz einfach politisch nicht durchsetzbar. Wenn bei einer Steuerreform ein Großteil der Bürgerinnen und Bürger nicht finanziell besser gestellt werden kann, hat man verloren. Also braucht es für eine große Steuerreform einen hinreichenden Entlastungsspielraum. Experten sprechen von einem Entlastungsvolumen von mindestens 20, wenn nicht sogar 30 Mrd. Euro. Angesichts von Einsparungszwängen von jährlich ca. 10 Mrd. Euro, schon um der Schuldenbremse des Grundgesetzes zu entsprechen, sehe ich die Spielräume für eine so weitgehende Entlastung derzeit nicht, bin aber jederzeit offen für konstruktive Vorschläge.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Wolfgang Schäuble