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Frage von Beate R. •

Frage an Wolfgang Schäuble von Beate R. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Dr. Schäuble,

die bisher beste Wirtschaftspolitik in Deutschland machte Willy Brandt.
Unter ihm sanken die Lohnspreizung, die Staatsverschuldung und die Arbeitslosigkeit.
Die Wachstumsraten der deutschen Wirtschaft waren phänomenal.

Meine Frage:

Eine 5%ige Lohnerhöhung im öffentlichen Dienst hätte mindestens gleichhohe Lohnerhöhungen in allen anderen Wirtschaftssektoren zur Folge.
Das können sie so in den Wirtschaftsberichten aus der Zeit Willy Brandts nachlesen.
Finanzieren sich die Lohnerhöhung im öffentlichen Dienst dadurch zu 100% durch Steuermehreinnahmen?

Mit freundlichen Grüßen

Beate Richter

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Richter,

die Basis der Lohnfindung in Deutschland ist die Tarifautonomie von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Jede Branche verhandelt eigene Abschlüsse. Dabei wird die jeweilige Ausgangssituation im Hinblick auf Kostenstrukturen, Produktivitätsentwicklungen und Marktstellungen berücksichtigt. Aufgrund der angespannten Lage der öffentlichen Haushalte und der Konsolidierungserfordernisse ist der Spielraum für Einkommensverbesserungen im öffentlichen Dienst gering. Lohnsteigerungen im öffentlichen Dienst erhöhen den Druck, Stellen abzubauen, um den Konsolidierungserfordernissen Rechnung tragen zu können.

Eine Koppelung zwischen Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft gibt es nicht. Die Verantwortung der Verhandlungspartner in der aktuellen Lohnrunde ist aber auch deshalb besonders groß, weil die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst zweifellos eine gewisse Signalwirkung für die nachfolgenden Tarifverhandlungen in der Privatwirtschaft haben könnten. In vielen Branchen geht es aber angesichts der noch anhaltenden Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise vorrangig um Beschäftigungssicherung. Überzogene Lohnsteigerungen im öffentlichen Dienst gäben dann ein falsches Signal. Die Lohnpolitik muss berücksichtigen, dass auf absehbare Zeit die gesamtwirtschaftlichen Produktionskapazitäten in hohem Maße unterausgelastet bleiben werden. Der aktuell außergewöhnlichen Unterbeschäftigungssituation - die am scharfen Rückgang des Arbeitsvolumens sichtbar ist - muss Rechnung getragen werden, um größere Arbeitskräftefreisetzungen zu vermeiden und eine strukturelle Verfestigung von Arbeitsmarktungleichgewichten zu verhindern. Eine geringere Beschäftigung und höhere Arbeitslosenzahlen bedeuten zudem Mehrausgaben und Mindereinnahmen beim Staat. Eine Selbstfinanzierung großzügiger Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst kann also auf keinen Fall erwartet werden, vielmehr sind zusätzliche Belastungen für die öffentlichen Haushalte wahrscheinlich.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Schäuble