Frage an Wolfgang Schäuble von Oliver B. bezüglich Finanzen
Guten Tag Herr Schäuble,
Wenn der Staat bzw. der Steuerzahler bzw. der Bürge(r) die "systemrelevanten" Banken (direkt bzw. indirekt) "rettet" und im gleichen Atemzug dieser Staat bei eben jenen systemrelevanten Banken dafür Schulden aufnimmt ( http://www.bundesbank.de/download/kredit/kredit_bietergruppe_mitglieder.pdf ), kommt Ihnen das dann nicht auch wie die Geschichte von Münchhausen vor, in der er sich selbst an seinen Haaren aus dem Sumpf zieht?
In wie fern ist der Staat hier lediglich eine Händler- bzw. Hehlerfigur die sich gleichzeitig eine Nettozinslast (im Namen des Volkes) aufbürdet?
Können Sie erklären, inwiefern sich der Umstand der Untreue von dem unterscheidet, was passiert, wenn der Staat, für seine vorsätzlichen Rettungen von Banken und durch diverse Risikoübernahmen weniger erhält (weil er ja abschreiben muß), als er diesen geretteten Banken für seine Schulden zahlen muß? Ist das dann nicht eine unternehmerische Fehlinvestition? Oder sehe ich das falsch und der Staat gewinnt dabei (hoffentlich nicht nur an Erfahrung)?
Ich denke, das einzige, was gewonnen wird, ist Zeit - Zeit um Schäfchen ins Trockene zu bringen, Zeit um gewisse Vorbereitungen zu treffen... aber eben nicht für die Bevölkerung, denn die wird eingelullt mit Bilanz- und Statistikkosmetik, Kurzarbeit und mediale Propaganda, wie sie wohl kurz vor dem Mauerfall nicht besser war...
Was meinen Sie?
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Berger
Sehr geehrter Herr Berger,
die Bundesrepublik Deutschland refinanziert sich bei institutionellen und privaten Investoren durch die Begebung von Bundeswertpapieren mit unterschiedlichen Laufzeiten, darunter Bundesanleihen, Bundesobligationen, Schatzanweisungen, Finanzierungsschätze und Bundesschatzbriefe. Bundeswertpapiere werden größtenteils in Auktionsverfahren begeben, in denen die beteiligten Banken der sog. „Bietergruppe Bundesemissionen" die Bundeswertpapiere zu marktgerechten Konditionen erwerben, um diese anschließend weiterzuverkaufen.
Die Unterstützungsmaßnahmen der Bundesregierung für Banken im Zuge der Finanzmarktstabilisierung erfolgen in dem durch die Gesetze zur Finanzmarktstabilisierung vorgegebenen rechtlichen Rahmen. Es entspricht diesen parlamentarischen Ermächtigungen und den Zielsetzungen der Finanzmarktstabilisierung, dass Banken, die staatliche Unterstützungsmaßnahmen erhalten, weiter operativ am Markt tätig sind. Daher können diese Banken - ebenso wie sonstige Institute - als Mitglieder der „Bietergruppe Bundesemissionen" an Auktionen von Bundeswertpapieren teilnehmen und diese Bundeswertpapiere zu den nach der jeweiligen Marktlage gegebenen Konditionen erwerben.
Die Leistungen an Banken im Zuge der Finanzmarktstabilisierung sind zurückzuzahlen und zudem nicht umsonst. Das FMStG und die darauf gestützten Maßnahmen sehen für Unternehmen, denen Stabilisierungsmaßnahmen gewährt werden, diverse Verpflichtungen vor, Gegenleistungen oder andere Zahlungen zu erbringen. Beispielsweise ist sowohl für die Bereitstellung eines Rahmens von Garantien durch den Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) als auch für deren Inanspruchnahme bei der Begebung von Anleihen durch die Unternehmen eine angemessene Vergütung zu bezahlen. Bei Rekapitalisierungen ist eine laufende Vergütung in Form einer Gewinnbeteiligung oder Verzinsung für die Bereitstellung des Kapitals durch die öffentliche Hand vorgesehen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Schäuble