Frage an Wolfgang Schäuble von Kenneth S. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Dr. Schäuble,
nach dem Zwischenfall in München vor wenigen Tagen, bei dem ein Geschäftsmann von Jugendlichen brutalst zusammengeschlagen wurde und leider seinen schweren Verletzungen erlegen ist, hört man nun aus verschiedenen Parteien, dass die Regierung nun nicht in blinden Aktionismus verfallen sollte und die Jugendschutzgesetze nicht verschärfen sollte.
Wie passt diese Einstellung zum Zwischenfall in Winnenden und Waiblingen, wo kurz nach dem Amoklauf von Tim K. sofort Waffenrechtsverschärfungen von verschiedenen Parteien verlangt wurden?
Im Fall von München, ist man der Meinung, man solle auf die Ermittlungsergebnisse warten, in Fall Winnenden und Waiblingen hat man dies nicht mal in Erwägung gezogen, sondern ohne auch nur die Hintergründe der Tat zu kennen, die Waffengesetze verschärft.
Das schärfste Waffengesetz hilft kein Stück, wenn sich die Täter nicht daran halten, was man vergangenes Wochenende in Usingen im Taunus schmerzlich erfahren musste, als ein Jugendlicher einen anderen Jugendlichen im Zuge einer verbalen Auseinandersetzung mit einem Butterflymesser niedergestochen hat. Das Opfer ist an seinen Verletzung auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben.
Quelle: http://www.usinger-anzeiger.de/sixcms/detail.php?template=d_artikel_import&id=7460775&_zeitungstitel=1133843&_resort=1103657&_adtag=localnews&_dpa=
Butterflymesser gehören, soweit ich weis, zu den verbotenen Gegenständen/Waffen und dürfen nicht geführt werden.
Meine ganz persöhnliche Meinung ist, wenn jemand alt genug ist einen anderen Menschen auf solch brutale Art zu Tode zu prügeln, dann ist er alt genug nach erwachsenem Recht verurteilt zu werden und hat die volle Härte des Gesetzes zu spüren zu bekommen.
Wenn man nun mal überprüfen würde, wieviele Opfer es im Laufe der letzten Jahre wegen solchen gewalttätigen Übergriffen durch Jugendliche gegeben hat, wäre hier nicht auch eine Verschärfung des Jugendstrafrechts angebracht?
Mit freundlichen Grüssen
Kenneth Smith
Sehr geehrter Herr Smith,
das Ereignis in München hat uns alle zutiefst berührt. Gesellschaft und Politik stellen zu Recht die Frage nach dem "Warum?". Forderungen nach stärkerer Polizeipräsenz im Nahverkehr oder erweiterter Videoüberwachung sind gut begründbar, sie allein lösen aber die Probleme nicht. Auch eine Heraufsetzung der maximal möglichen Jugendstrafe von 10 auf 15 Jahre hat nach meiner Überzeugung keine abschreckende Wirkung auf solche Täter, selbst wenn sie den Strafrahmen kennen. Und was die Anwendung von Erwachsenenstrafrecht auf Heranwachsende im Alter zwischen 18 und 21 Jahren angeht, so ist dies schon heute der gesetzliche Regelfall.
Müssen wir uns nicht vielmehr fragen, wie wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken und wie wir verhindern können, dass sich Jugendliche zu brutalen Schlägern und Straftätern entwickeln? Sollten wir uns nicht die Zeit nehmen, um genau anzusehen, was in unserer Gesellschaft los ist? Die Ursachen von Jugendgewalt sind vielschichtig, wie z.B. innerfamiliäre Gewalterfahrungen, Alkohol- und Drogenkonsum, fehlende soziale Bindungen, Ausgrenzungserfahrungen, Defizite in der bildungsmäßigen Integration oder die Nutzung gewalthaltiger Medien. Zur Bekämpfung solcher Ursachen sind alle gesellschaftlichen Kräfte gefordert, ihrer jeweiligen Verantwortung noch stärker gerecht zu werden und aufmerksam zu sein. Dies ist eine große Herausforderung, für die es keine Patentlösungen gibt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Schäuble