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Frage von Theo O. •

Frage an Wolfgang Schäuble von Theo O. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Schäuble,

ich möchte Sie nur mit ein paar kurzen Fragen belästigen:

Wie stehen Sie zu folgenden Aussagen:

-Böse ist wer böses denkt

-Die beste Schutz vor Terror ist nicht zu dessen Feind zu werden

-Wer grundlegende Freiheiten aufgibt um etwas Sicherheit zu gewinnen, verdient weder Freiheit noch Sicherheit

-Wer Sicherheit der Freiheit vorzieht, ist zu Recht ein Sklave

-Einen Staat, der mit der Erklärung, er wolle Straftaten verhindern, seine Bürger ständig überwacht, kann man als Polizeistaat bezeichnen

Und vor allem möchte ich Sie bitten, mir folgendes zu erläutern:

In der Regierungserklärung zur deutschen Islamkonferenz am 28.9.06 heisst es
"Das Grundgesetz ist nicht verhandelbar. Durch das Grundgesetz wird im übrigen mehr als durch viele andere Ordnungen - das war auch gar nicht streitig- Raum für ein friedliches, vielfälltiges, kulturelles und tolerantes Zusammenleben geboten. Deswegen ist es im Intresse aller, dass das Grundgesetz nicht verhandelbar ist"
(http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Bulletin/2006/09/93-1-bmi-islamkonferenz-bt.html)

Jedoch haben Sie gegenüber WELT folgendes von Sich gegeben:
"Alle grundrechtlich geschützten Bereiche enden irgendwo. Wo diese Grenzen sind, wie man die gegensätzlichen Interessen abgrenzt, ist Sache des Gesetzgebers. "
(http://www.welt.de/politik/article1571640/Schaeuble_greift_Verfassungsrichter_scharf_an.html)

Nun frage ich mich natürlich wie diese beide Aussagen in Deckung zu bringen sind.
Könnten Sie mir das bitte erklären.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Ornim,

ich darf die Ihrer Frage vorangestellten Aussagen oder Zitate vermutlich als Kritik an einer von Ihnen vermuteten überzogenen Sicherheitspolitik verstehen. Hierzu möchte ich nur darauf hinweisen, dass sich auch unser Land weiterhin einer anhaltenden und ernsthaften Bedrohung durch den internationalen Terrorismus ausgesetzt sieht, die es erfordert, bestimmte Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen. Ich bin deshalb froh, dass die Koalitionsparteien in der nun ablaufenden Legislaturperiode eine ganze Reihe wichtiger Vorhaben abschließen konnten und nenne hier nur die Erweiterung der Befugnisse des Bundeskriminalamtes zur Abwehr terroristischer Gefahren. Dabei meine ich, dass mit diesen Maßnahmen keine übermäßigen Freiheitsbeschränkungen verbunden sind.

Im übrigen stehen die von Ihnen erwähnten Äußerungen von mir keineswegs im Widerspruch. Während bestimmte Grundentscheidungen unserer Verfassung, wie etwa die Abstimmung der Bürger in freien und geheimen Wahlen, nicht zur Disposition stehen und im übrigen sogar zum Teil durch Artikel 79 Absatz 3 des Grundgesetzes vor einer Änderung durch den verfassungsgebenden Gesetzgeber geschützt sind, besteht im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung für den Gesetzgeber sehr wohl die Möglichkeit der Einschränkung von Grundrechten. So darf beispielsweise etwa zu Zwecken der Strafverfolgung unter bestimmten Voraussetzungen, u. a. nur bei schweren Straftaten und nur nach richterlicher Anordnung, in das durch Artikel 10 des Grundgesetzes geschützte Fernmeldegeheimnis eingegriffen werden. Die Voraussetzungen für solche Eingriffe hat zunächst der Gesetzgeber festzulegen. Die Möglichkeit der Einschränkung von Grundrechten sieht das Grundgesetz aber selbst bereits vor. Macht der Gesetzgeber von dieser Möglichkeit Gebrauch, steht das Grundgesetz als solches dadurch noch lange nicht zur Disposition.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Schäuble