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Frage von Johannes S. •

Frage an Wolfgang Schäuble von Johannes S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Schäuble,
ich habe einige Fragen bezüglich der Sperrung von Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten.

1. Welchen, jedem Bürger einleuchtenden, Sinn hat es, dass die Liste der zu sperrenden Seiten für niemaden einsehbar ist?

Das die Liste nicht öffentlich sein sollte ist klar, aber dass nicht einmal Richter diese Liste einsehen dürfen ist für mich völlig unverständlich.
In meinen Augen ist dies lediglich ein Schritt in Richtung kommender und teilweise schon geforderter Zensurwünsche und -gesetze, schließlich besteht nun die Möglichkeit Internetseiten und das Lesen dieser Seiten in die Illegalität zu drängen.

2. Wieso werden keine nachhaltigeren Mittel gegen KiPo ergriffen (Stichwort: Prävention) sondern lediglich diese schwammige Form der Zensur?

Meines erachtens ist diese Form der Zugangssperre reiner Publizismus, da es höchstwahrscheinlich keinen Effekt auf die Verbreitung von KiPo hat, zudem gibt es unglaublich viele Möglichkeiten diese Sperren mit einfachsten Mitteln zu umgehen, dazu braucht es keine Expertenkenntnisse. Selbst einfachste User können entsprechende Sperren umgehen, da man im Internet entsprechende Anleitungen zu tausenden findet (http://lmgtfy.com/?q=Internetsperre+umgehen , die Wahl dieser Google-Seite soll nur zeigen wie einfach es ist).

3. (In Bezug auf 2)
Ist es so schwer ein Internationales Abkommen gegen KiPo zu treffen, sodass entsprechende Seiten und Inhalte gleich gelöscht und die Seitenbetreiber verfolgt werden?

InternetServiceProvider können die Seiten von ihren Servern löschen und falls privat gehostet wird, kann der Servertandort bestimmt und die Daten beschlagnahmt werden. ist das zu schwer?

4. Wird das Gesetz zur Sperrung von Internetseiten abgeschafft sobald / falls sich die Wirkungslosigkeit herausgestellt hat?

Ich möchte mich nocheinmal AUSDRÜCKLICH von KiPo o.ä. distanzieren, kann diese Fragen jedoch nicht ungefragt lassen.

Ich würde mich sehr über aufschlussreiche Antwort freuen,
hochachtungsvoll
Johannes Schmidt.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schmidt,

Ihre Fragen geben mir Gelegenheit, zu einigen Missverständnissen in Bezug auf den Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen, der unter der Federführung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie erarbeitet wurde, Stellung zu nehmen.

Der Gesetzentwurf enthält keinerlei Regelung, die die richterliche Kenntnisnahme der Sperrliste des Bundeskriminalamts verbietet. Sollte im Rahmen eines Rechtsstreits die Frage maßgeblich sein, ob eine bestimmte Webseite auf der Sperrliste war, würde die Liste selbstverständlich dem zur Entscheidung berufenen Gericht zur Verfügung gestellt werden. Der Gesetzentwurf verpflichtet vielmehr das Bundeskriminalamt in § 8a Abs. 8 TMG-E über die Liste hinaus Unterlagen vorzuhalten, mit denen der Nachweis geführt werden kann, dass die dort aufgeführten Einträge zum Zeitpunkt ihrer Bewertung die Voraussetzungen zur Aufnahme in die Liste erfüllten, also entweder selbst Kinderpornographie enthielten oder deren Zweck darin bestand, auf kinderpornographische Angebote zu verweisen.

Entgegen Ihrer Behauptung werden gegen das schreckliche Phänomen der Kinderpornographie im Internet auch andere nachhaltige Mittel ergriffen. Maßnahmen gegen diejenigen, die kinderpornographische Bilder herstellen und/oder diese Inhalte im Internet einstellen, werden mit unverminderter Intensität fortgeführt. Die geplante Zugriffserschwerung soll diese nicht ersetzen, sondern im Sinne einer ganzheitlichen Bekämpfung der Kinderpornographie ergänzen.

Sie haben gewiß recht, dass technisch versierte Internetnutzer immer Wege finden werden, die Zugangsperren zu umgehen. Selbst wenn man keine hundertprozentige Sperre erreichen wird, ist die Maßnahme dennoch sinnvoll, da der Zugang zu solchen Inhalten jedenfalls für die Mehrzahl der Internetnutzer erschwert wird. Der tatsächliche Nutzen eines solchen Systems lässt sich an den positiven Erfahrungen anderer Länder, die bereits derartige Zugangssperren eingerichtet haben, belegen. So werden beispielsweise in Norwegen täglich zwischen 15.000 und 18.000 Zugriffsversuche auf kinderpornografische Webseiten erfolgreich verhindert.

Zudem wird mit der Anzeige der geplanten Stopp-Seite eine in kriminalpräventiver Hinsicht wesentliche Warnfunktion erfüllt. Der Nutzer, der versucht, auf eine gesperrte Seite zuzugreifen, bekommt die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens nochmals vor Augen geführt, was auf viele durchaus eine abschreckende Wirkung haben wird.

Mit einer Reihe von Staaten arbeiten wir sehr erfolgreich bei der Bekämpfung der Kinderpornographie im Internet zusammen. Zu dieser Zusammenarbeit gehört auch, dass alle Bemühungen unternommen werden, kinderpornographische Inhalte, die auf einem Server des betroffenen Staates liegen, unverzüglich zu löschen. Selbst soweit die Zusammenarbeit gut funktioniert, ist aber das Instrument der Sperrung zusätzlich zum Ziel der endgültigen Entfernung des Inhalts sinnvoll, da die endgültige Entfernung oft einige Zeit in Anspruch nimmt, während die Sperrliste täglich aktualisiert werden wird.

Trotz internationaler Anstrengungen zur Täterermittlung und Schließung von Internetseiten bleiben Angebote mit kinderpornographischen Inhalten im Internet abrufbar und nehmen sogar zu. Die Ermittler werden auch weiterhin konsequent daran arbeiten, die Täter im In- und Ausland zu ermitteln und diejenigen, die solches Material vom Ausland aus verbreiten, zu belangen. Da aber in der Hälfte aller Staaten der Besitz und die Verbreitung von Kinderpornografie entweder nicht einmal unter Strafe stehen oder nicht ausreichend sanktioniert werden, reichen in vielen Fällen die deutschen Behörden zur Verfügung stehenden Mittel nicht aus. Dann bleibt nur die Sperrung des Zugangs durch deutsche Provider als letztes Mittel.

Der Gesetzentwurf sieht in Artikel 3 eine Verpflichtung der Bundesregierung vor, dem Deutschen Bundestag innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes über dessen Anwendung berichtet. Sollte sich im Rahmen dieser Evaluation die Wirkungslosigkeit des Gesetzes herausstellen, wovon nach den Erfahrungen anderer Staaten mit vergleichbaren Instrumenten eben nicht auszugehen ist, steht es dem Gesetzgeber frei, darauf zu reagieren.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Schäuble