Frage an Wolfgang Reuther von Claudia D. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Reuther,
Nur 0,7 Prozent der Wälder Baden-Württembergs stehen unter strengem Schutz. Deutschlandweit werden die meisten Wälder bewirtschaftet, ohne dass Sie Ihrer Funktion als Lebensraum für bedrohte Arten gerecht werden können. Um diesen Missstand zu beheben, sind große, zusammenhängende Schutzgebiete das wichtigste Instrument.
Baden-Württemberg ist Schlusslicht im Wald- und Artenschutz. Neben Rheinland-Pfalz sind wir das einzige Flächenbundesland, das noch immer keinen Nationalpark eingerichtet hat. Dabei haben unabhängige Umfragen gezeigt, dass die Baden-Württemberger Bürger die Einrichtung eines Nationalparks befürworten. Zusammenhängende, ihrer natürlichen Entwicklung überlassene Naturgebiete ermöglichen vielfältige wirtschaftliche und soziale Vorteile. Die sich selbst überlassenen Wälder zeigen, wie der Wald sich natürlicherweise an den Klimawandel anpasst. Damit geben sie Leitlinien für die übrige Forstwirtschaft in Baden-Württemberg. Außerdem zeigen Erfahrungen aus anderen Nationalparks, dass auch die Region im Nordschwarzwald durch den Anstieg des Tourismus stark profitieren kann.
Die CDU hat ebenso die Vorteile eines Nationalparks erkannt: Auf Bundesebene hat Angela Merkel im Mai mehrmals auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass Deutschland 5 Prozent der Wälder aus der holzwirtschaftlichen Nutzung nehmen sollte. Die Nationale Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung von 2007 hat das Ziel bis 2020 10% der öffentlichen Wälder der Natur zurückzugeben. Ein Nationalpark im Schwarzwald wäre ein wichtiger Beitrag, um der internationalen Verantwortung Baden-Württembergs für Arten- und Naturschutz gerecht zu werden. Nach der Veröffentlichung des Gutachtens der Landesregierung zum potenziellen Nationalpark im Nordschwarzwald im April 2013 betonte auch die baden-württembergische CDU Landtagsfraktion die Vorteile für den Tourismus und den Mehrwert für die Natur.
Für eine Antwort über Ihre Position zu diesem Thema wäre ich Ihnen dankbar.
Sehr geehrte Frau Dietz,
für Ihre Mail Danke ich Ihnen recht herzlich. Grundsätzlich stehe ich einem Nationalpark in Baden-Württemberg, wie auch die gesamte CDU-Fraktion, positiv gegenüber. Die erklärte Vorgabe unserer Fraktion war jedoch immer, dass diese Einrichtung nicht gegen den Willen der betroffenen Menschen vor Ort erfolgen darf. Zahlreiche Bürgerentscheide in den betroffenen Gemeinden sprechen jedoch eine deutlich andere Sprache.
Schon die Debatte um S21 hat gezeigt, dass die Bereitschaft für das Projekt mit wachsendem geografischem Abstand zunimmt. Doch selbst Stuttgart hat sich beim Volksentscheid dann zum Projekt bekannt. Beim Nationalpark sieht dies anders aus. Die Gemeinden die mit dem Großteil der ausgewiesenen Fläche des Nationalparks betroffen sind, haben diesen deutlich abgelehnt. Diese Stimmen können wir nicht überhören. Wir fordern daher von der Landesregierung eine noch deutlichere Anpassung der Gebietskulisse, auch was die Höhenlagen angeht, um u.a. auch der Holzwirtschaft noch entgegenkommen zu können. Wir plädieren für einen Nationalpark, jedoch in einer anderen Ausprägung, der auch die Zustimmung der Bevölkerung vor Ort finden wird. Die von der Landesregierung vorgeschlagene Lösung vermag dies nicht zu leisten und wird daher von uns nicht mitgetragen. Die Auswirkungen auf den Tourismus in der Region sehen wir ebenfalls etwas kritischer, als es das vorliegende Gutachten verheißt. Die sehr erfolgreiche touristische Entwicklung im Südschwarzwald geht einen völlig anderen Weg und ist daher auch beispielgebend für zahlreiche Gemeinden im Nordschwarzwald. Die Einrichtung eines Nationalparks mit entsprechenden Einschränkungen für eine solche Tourismuskonzeption wird dieser Art von Entwicklung jedenfalls hinderlich sein. Diese Entscheidung sollte man jedoch den Gemeinden vor Ort überlassen.
Baden-Württemberg ist bei der Einrichtung eines Nationalparks sicherlich Schlusslicht, nicht jedoch in Natur-und Umweltschutzmaßnahmen. Hier waren wir in der Vergangenheit in vielerlei Hinsicht oft Vorreiter. Natur- und Umweltschutz sollten nicht auf die Existenz von Nationalparks reduziert werden, sondern im Gesamtzusammenhang vieler Einzelmaßnahmen gesehen werden.
Mit freundlichen Grüßen aus dem Plenarsaal in Stuttgart,
Wolfgang Reuther MdL