Frage an Wolfgang Kubicki von Walter B. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Kubicki,
zuächst bitte ich um Entschuldigung, dass ich meine Anfrage vom 02.01.12 ohne Grußformel gesendet habe.
Ich möchte gerne meine erste Frage präzisieren: Die freie Marktwirtschaft nimmt jede Gelegenheit wahr, Kosten zu sparen und Gewinne zu maximieren. Nur Gesetze verhindern einen weiteren Abbau der sozialen Komponente. Ist es nicht die Aufgabe der Politik ein vernünftiges Gleichgewicht zu schaffen, bzw. zu erhalten? Ich habe den Abbau unter Rot/Grün mit einiger Verwunderung gesehen. Die eingetretenen Folgen (Leiharbeit, Arbeitsbefristungen, Minijobs) werden jetzt nicht korrigiert. Die fehlenden lohnabhängigen Einzahlungen in die sozialen Systeme machen eben diese Systeme funktionsunfähig.
Zu ihrer Antwort, Arbeitnehmer würden nicht einseitig belastet: Die Zusatzbeiträge, die z.Z. von keiner GKV erhoben werden, würden nur vom Versicherten (Arbeitnehmer) zu tragen sein. Die 0,9 Prozent Sonderbeitrag auch.
Das Bewustsein, gesund leben zu müssen, wird einem mäßig bis schlecht bezahltem Arbeitnehmer sicher nicht abhanden gekommen sein. Leider wird er seinen Bedarf an Lebensmitteln nicht im Bio-Laden decken können. Eine bescheidene Urlaubsreise könnte seine Arbeitskraft und Gesundheit erhalten. Nur, die von der FDP beschworene Eigenverantwortung kann man ohne ausreichendes Geld nicht leben. Da geben Sie mir Recht?
Mit freundlichen Grüßen
Walter Boller
Sehr geehrter Herr Boller,
zunächst danke ich Ihnen für Ihre Antwort und die Präzisierung Ihrer ursprünglichen Frage.
Sie erläutern darin Ihre Auffassung, dass ein eigenverantwortliches Leben vom Einkommen abhängt. Ich teile Ihre diesbezüglichen Ausführungen nur sehr bedingt. Aus meiner Sicht tun Sie vielen Mitbürgerinnen und Mitbürgern unrecht, die trotz schwieriger persönlicher Rahmenbedingungen Verantwortung für sich selbst und andere tragen und durch ihren Einsatz eine stützende Rolle für unsere Gesellschaft übernehmen.
Im Hinblick auf Ihre Ausführungen zu den Zusatzbeiträgen möchte ich Folgendes ergänzen: Zunächst haben Sie recht, wenn Sie feststellen, dass die Zusatzbeiträge allein von den Versicherten getragen werden müssen. Es steht allerdings jedem Versicherten offen, zu einer Kasse zu wechseln, die keine zusätzlichen Beiträge erhebt. Hier bleibt es jedem Bürger unbenommen, eigenverantwortlich zu handeln und das für ihn persönlich beste Angebot zu wählen.
Auch Ihrer allgemeinen Kritik an unserer sozialen Marktwirtschaft kann ich Ihnen nur sehr bedingt zustimmen. Ich möchte gern noch einmal hervorheben, dass wir eine Staatsquote von über 46 Prozent haben, über 50 Prozent des Bundeshaushaltes für Sozialausgaben verausgabt werden und insgesamt über ein Drittel unserer gesamtwirtschaftlichen Leistungen in soziale Leistungen fließt. Wenn es Ihnen jedoch darum geht, unser soziales Sicherungssystem passgenauer zu gestalten, dann findet das meine volle Unterstützung. Sowohl im Bund als auch im Land arbeiten deshalb liberale Regierungen daran, unsere Sozialsysteme zu verbessern. Ich nenne hier nur beispielhaft für das Land die Reform der Eingliederungshilfe, die landesseitig eingeführte Schulsozialarbeit oder den forcierten Ausbau im Kita- und Krippenbereich und für den Bund die bessere Unterstützung von Familien, die Reformen beim Arbeitslosengeld II oder die kürzlich beschlossene Anhebung der Verdienstgrenze bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen auf 450 Euro.
Ich danke Ihnen für Ihr Interesse und hoffe, Ihnen mit diesen ergänzenden Ausführungen weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Kubicki