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Wolfgang Gehrcke-Reymann
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Frage von Steve M. •

Frage an Wolfgang Gehrcke-Reymann von Steve M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Gehrcke,

ich bin erstaunt und enttäuscht, dass Sie sich so angestrengt haben, die FARC von der Liste der Terroristischen Organisationen zu entfernen und die Beziehungen zu dieser Gruppe zu normalisieren.
Ich bitte um eine Erklärung ihrer Position hierzu.
Realisieren Sie, welchen großen Schaden Sie gegenüber den Bürgern Kolumbiens, denen Sie bekundet haben sich um sie zu sorgen, verursacht haben. Das ist eine kriminelle Gruppe die Erpressung, Entführung und Mord nutzt, um ihren Wille durchzusetzen. Als Mitglied des deutschen Parlamentes sollten Sie zu den Ersten zählen, die diese Gruppe, die wo auch immer sie auftaucht großes Leid verursacht, zu diskreditieren.

Hochachtungsvoll,

Stephen Moran

Athens, Greece

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Stephen Moran,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Kolumbien wird seit über 40 Jahren durch einen Bürgerkrieg erschüttert. Ursachen dafür sind in der extrem ungleichen Reichtumsvereilung des Landes und in den nach wie vor undemokratischen Strukturen zu finden. Eine kleine Großgrundbesitzerschicht verfügt über 90 Prozent der produktiven Böden, sie besitzen die Macht und setzen diese auch politisch ein. Der innerkolumbianische Krieg hat bereits Zehntausenden das Leben gekostet. Kolumbien benötigt dringend eine Friedensperspektive. Ein stabiler Frieden, das zeigen uns die Erfahrungen aus Mittelamerika, wird nur möglich sein, wenn zeitgleich über Frieden und eine Demokratisierung von Gesellschaft und Wirtschaft verhandelt wird. Der erste Versuch, den Konflikt friedlich zu regeln, indem die Guerilla den bewaffneten Kampf aufgab und sich als legale Partei konstituierte, scheiterte daran, dass die Mitglieder dieser Partei in großem Maße von Todesschwadronen umgebracht wurden. Tausende von Gewerkschaftsaktivisten, studentische Aktivisten und Aktivistinnen sowie Parteifunktionäre wurden ermordet. Auf dem Lande wurde ein System des Terrors etabliert und hunderttausende von Campesinos wurden von ihrem Land vertrieben. Großgrundbesitzer, die mit der Drogenmafia liiert sind, eigneten sich dieses Land für den Coca?Anbau an. Das wirkt bis heute fort.

Kolumbien benötigt ein Ende der Gewalt und der Menschenrechtsverletzungen. Beide Seiten, FARC und die Regierung, müssen die Menschenrechte respektieren. In den Gesprächen, die ich mit Vertretern der FARC und der kolumbianischen Regierung führte, habe ich dies unmissverständlich vertreten. Den FARC-Abgesandten habe ich deutlich gemacht, dass Geiselnahmen grundlegend falsch seien und sie diese freilassen sollten.

Der Konflikt in Kolumbien ist brandgefährlich. Er wirkt bereits weit über Kolumbien hinaus und ist Ursache für regionale Spannungen. Als Erstes sollten beide Seiten eine Waffenruhe vereinbaren und mit einem Gefangenenaustausch beginnen. Die FARC war immer wieder dazu bereit. FARC und Regierung müssen auch über die zukünftige demokratische Gestalt des Landes verhandeln. Seit der Präsidentschaft von Uribe hat sich die Lage in Kolumbien zugespitzt. Die Regierung Uribe erweckt allerdings nicht den Eindruck, als wolle sie den Konflikt friedlich lösen. Sie hat sich darauf festgelegt, den Konflikt militärisch und nicht über Verhandlungen zu lösen. Dafür erhielt sie grünes Licht von der Bush-Administration in den USA. Auch die Bundesregierung, insbesondere die CDU, sieht in Uribe einen Schlüsselpartner in Lateinamerika und stützt letztendlich die menschenrechtsfeindliche Politik dieser Regierung. Obwohl Uribe die Auflösung der Paramilitärs versprach, morden Todesschwadronen der Paramilitärs nach wie vor. Menschenrechtsorganisationen aus Kolumbien sagen, dass dies mit Tolerierung der Regierung geschehe. Tagtäglich finden politische Morde statt. Weiterhin werden Bauern eingeschüchtert und von ihrem Land vertrieben. Nun geht es nicht nur um Flächen für den Coca-Anbau, die sich die Großgrundbesitzer aneignen wollen, sondern auch der Anbau von Pflanzen zum Zweck der Produktion regenerativer Brennstoffe ist zum großen Geschäft geworden. Studenten, Gewerkschaftsvertreter und Vertreter von Menschenrechtsorganisationen sowie fortschrittlicher Parteien sind nach wie vor Opfer von Verfolgungen.

Dies alles muss beendet werden. Ohne die Einbeziehung der FARC in Friedensgespräche wird es keine friedliche Perspektive der Konfliktregulierung in Kolumbien geben. Europa muss als Vermittler in diesen Prozess eingreifen und dafür bedarf es einer Streichung der FARC von der Terrorliste der EU. Anders können Gespräche mit FARC Vertretern nicht zustande kommen.

Freundliche Grüße,

MdB Wolfgang Gehrcke