Frage an Wolfgang Gehrcke-Reymann von Corina H. bezüglich Recht
Schönen guten Tag Herr Gehrcke‚
sexuelle Gewalt ist weit verbreitet: beinahe jede siebte Frau erlebt mindestens einmal in ihrem Leben strafrechtlich relevante Sexualdelikte. Wie eine Studie des Bundesfamilienministeriums bereits vor 9 Jahren herausfand, zeigt jedoch nur jede zwanzigste Frau das ihr Angetane an. Da der Schutz vor Gewalt, der im Grundgesetz garantiert wird jedoch strafrechtlich kaum geahndet wird, möchte ich Sie Folgendes bitte fragen:
- Werden Sie, wenn Sie gewählt werden, für die Umsetzung der EU-Konvention gegen Gewalt an Frauen, und damit für die Reform von §177 (sexuelle Nötigung, Vergewaltigung) stimmen? Die Konvention fordert in Artikel 36 ein Strafrecht, das der Besonderheit von Sexualdelikten gerecht wird, und die derzeitigen Belastungen für die Betroffenen verringert.
- Wie wollen Sie präventiv gegen sexuelle Gewalt vorgehen? Dies ist zum Beispiel in Bildungseinrichtungen wichtig, wo Heranwachsende für einen respektvollen Umgang mit eigenen Grenzen und denen anderer sensibilisiert werden können. Des Weiteren zeigte sich, dass Kampagnen, die sich an potentielle Täter richten, positive Effekte verzeichnen. Insbesondere in Hinsicht auf den kaum zu kontrollierenden Einsatz von KO-Tropfen ist das bedeutsam.
- Das Opferentschädigungsgesetz (OEG) bietet Betroffenen bislang keine schnelle Hilfe. Problematisch sind die viel zu hohen bürokratischen Hürden, wegen denen den Betroffenen zu selten die ihnen zustehenden Mittel bewilligt werden. Wie wollen Sie sich hier für eine bedürfnisgerechtere Umsetzung des Gesetzes einsetzen?
Vielen Dank.
(Anm.: Diese Frage wurde im Rahmen der Aktion "Wahlcheck: Wen kümmert sexuelle Gewalt?" der Initiative für Gerechtigkeit bei sexueller Gewalt gestellt. Ihre Antwort wird dort zitiert werden)
Sehr geehrte Frau Haurová,
erst einmal Dank für Ihre Fragen.
Ja, leider haben Sie recht. Der gefährlichste Ort für Frauen ist leider immer noch die Familie.
Aufklärung zur sexualisierten Gewalt muss integraler Bestandteil im gesamten Bildungswesen werden. Die Aufklärung ist so zu gestalten, dass sie Ängste nimmt und nicht Ängste schürt. Auch die (potenziellen) Täter brauchen Hilfe. Es ist ein ganz schlechtes Zeichen, wenn nicht nur Frauenhäuser gefährdet sind, weil angeblich kein Geld für sie da sei, sondern auch die ganz wenigen Beratungs- und Hilfestellen für gewalttätige Männer.
Und schließlich Ihre dritte Frage: Unbürokratische Opferhilfe, einschließlich medizinischer und psychologischer Betreuung, sind umgehend nötig und dürfen nicht zu weiteren seelischen bzw. materiellen Belastungen führen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Gehrcke