Frage an Wolfgang Britz von Manuela E. bezüglich Familie
Wie stellen Sie sich das mit Generationenverträgen vor, angesichts einer immer Älter werdenden Bevölkerung? Faktisch ist es doch so das unsere Geburtenzahlen unter bestandserhaltung abgesunken sind. Nicht nur das die Geburten nicht mehr stattfinden, ist es doch so das sogar die als ideal angesehene Kinderzahl im durchschnitt bei 1,7 liegt (vgl. W. Lutz und N. Milewski; http://www.demografische-forschung.org/archiv/defo0402.pdf ; S. 2). Aber das alleine ist nicht das problem der Sozialen sicherungssysteme, denn auch auf Grund der Verbesserten Gesundheitssysteme und des besseren Lebenstandarts hatten wir 2002 35 Männer und 299 Frauen die mindestens 105 oder älter wurden. ( vgl. H.Maier und R. Scholz; http://www.demografische-forschung.org/archiv/defo0401.pdf; S.4) Auch wenn das Risiko der Pflegebedürftigkeit in Deutschland sinkt wirde es doch darauf hinauslaufen, dass der Anteil der Rentner zunimmt. "Waren im Jahr 2001 24 Prozent 60 Jahre und älter, werden dies 2050 etwa 37 Prozent sein" (Vgl. U. Zigler und Prof. Dr. G. Dobelhammer-Reiter; http://www.demografische-forschung.org/archiv/defo0501.pdf ; S.1). Wie wollen sie nun die exestenz eines Generationenvertrag begründen, wenn sie davon ausgehen müssen, das wir auch weiterhin eine Arbeitslosenquote von mind. 10 - 20 % haben und somit schon von alleine ein Teil der Bevölkerung die den Generationenvertrag Schultern soll wegfällt? Wie soll der Generationenvertrag ihrer Meinung nach eine gerechtere Familien und Rentenpolitik schaffen? Was soll sonst noch mit dem Vertrag erreicht bzw. welche Forderungen mit ihm brgründet werden?
Sehr geehrte Manuela Engel,
der Begriff Generationenvertrag steht für jede gesellschaftliche Bevölkerungsstruktur, die sich immer aus den drei Generationen Kindheit, Erwachsenenzeit und Alter zusammensetzt, die den sozialen Lebensabschnitten Unterhaltsphase, Erwerbsphase und Versorgungsphase entsprechen. Dabei haben die Menschen in der Erwerbsphase eigentlich in ihrer Gesamtheit gleichermaßen sowohl die noch nicht Erwerbstätigen der Kindheitsphase (= alle Minderjährigen) als auch die nicht mehr Erwerbstätigen der Versorgungsphase (= alle Ruheständler) zu unterhalten bzw. zu versorgen. Dies war noch bis in die vorindustrielle Zeit so, allerdings bezog sich der Generationenvertrag dabei "nur" auf das Verhältnis der Generationen in den einzelnen Familien und nicht auf die Gesellschaft als Ganzes.
Nun hat bereits die Bismarcksche Sozialversicherung im 19. Jahrhundert dem Einzelnen die Notwendigkeit genommen, für seine Altersversorgung eigene Kinder zu erwerbstätigen Erwachsenen zu erziehen und somit den Generationenvertrag auf den Kopf gestellt. Bezugsgröße wurde also nicht mehr die Leistung in den Generationenvertrag, nämlich die materielle Fürsorge und die Bildung (Zeugung und Geburt), Erziehung und Ausbildung des Nachwuchses.. Sondern das Recht der gesetzlichen Renteversicherung verpflichtet die Kinder vorrangig, nur die ehemals Erwerbstätigen und nicht ihre eigenen Eltern durch ihre Beitragszahlungen zu finanzieren. In diesem "Generationenvertrag" sind die Eltern - und in erster Linie die Mütter - aus eigenem Recht kaum leistungsberechtigt, weil sie zu diesem Vertrag angeblich nichts "beigetragen" hätten, obwohl sie das Wesentlichste beigetragen haben, nämlich die nächste Generation, also ihre Kinder, die den Güter- und Dienstleistungsberg für alle erwirtschaften.
Bundeskanzler Konrad Adenauer hat dies aus wahltaktischen Gründen Mitte der 1950er Jahr noch getoppt und den von Winfried Schreiber entwickelten Plan zur Existenzsicherung in der industriellen Gesellschaft nur für den Bevölkerungsanteil der Rentner umgesetzt und die Kinderrente als adäquaten Gegenpart dazu einfach ignoriert. An dieser Konstellation hat sich über die folgenden fünf Jahrzehnte bis heute zwangsläufig durch die Bestrafung von Elternschaft in der Rentenversicherung nur geändert, dass immer mehr Menschen gewollt keine Kinder haben, allerdings die volle Altersversorung gegen die Kinder anderer Leute beanspruchen, als hätten sie mindestens zwei Kinder erzogen.
Als langfristige Lösung dieser Entwicklung kann die gesetzliche Altersversorgung eben wegen der demografischen Entwicklung der Überalterung und der schwindenden Zahl der Erwerbstätigen sowie der durch den seit Jahrzehnten anhaltenden massiven Nachwuchsmangel bedingten hohen Arbeitslosigkeit keine ungebührliche Sicherung des Lebensstandards mehr sein. Hier müssen die Grenzen der Belastbarkeit und der Belastung für heutige Minderjährige und kommende Generationen klar abgesteckt und am finanziellen und substantiellen Beitrag in den Generationenvertrag festgemacht werden.
Die Entnahmen aus der gesetzlichen Altersversicherung dürfen also nur aus den von demografischen und konjunkturellen Schwankungen abhängigen Einnahmen der laufenden Periode erfolgen und können eigentlich nur noch grundsätzlich ein Existenzminimum und darüberhinaus mehr oder weniger je nach Kassenlage bieten. Dies ist die gerechteste Lösung für alle, denn jede/r Bürger/in soll eben im Laufe des Lebens gegenüber der Gemeinschaft eine möglichst ausgeglichene Leistungsbilanz aufweisen. Und hierin ist insbesondere die Erziehung und Ausbildung von Kindern als überlebennotwendige Arbeit für die Gesellschaft lebensleistungsgerecht einzubeziehen, was im heutigen System fast nicht passiert. Zusätzlich ist noch die insbesondere durch die bei Kinderlosen bestehenden unangemessenen Alterversorgungsansprüche bedingte extreme Staatsverschuldung verursachungsgerecht abzubauen..
Beste Grüße
Wolfgang Britz
Mein Kandidatenporträt bei "Wen wählen?":
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