Wolfgang Brauer
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Frage von Sabine H. •

Frage an Wolfgang Brauer von Sabine H. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Brauer,

als langjähriges Mitglied des Abgeordnetenhauses sind Sie mit Ihrem Wahlkreis vermutlich bestens vertraut.
Wie schätzen Sie die kommunale Entwicklung vor Ort ein und welche Schlussfolgerungen ziehen Sie daraus für Ihre künftige Tätigkeit als Abgeordneter? Wo sehen Sie die Schwerpunkte für die kommenden Jahre? Welche Möglichkeiten für deren Umsetzung sehen Sie, sei es in Regierungsverantwortung oder in der Opposition der LINKEN?

Vielen Dank für die Beantwortung,
mit freundlichen Grüßen

S. Heider

Wolfgang Brauer
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Heider,

mein Wahlkreis besteht de facto aus vier Quartieren, die alle eine eigene Struktur und diverse Besonderheiten aufweisen: Marzahn-West, Marzahn-Nord, das Wohngebiet zwischen Wuhletalstraße, Mehrower Allee, Blumberger Damm und der Märkischen Allee sowie Marzahn–Ost. Gemeinsam ist diesen Gebieten allerdings, dass sie auf dem Berliner Sozialindex so ziemlich am Ende erscheinen, von den Neubauten (der „Platte“) aus den letzten Jahren der DDR dominiert werden – es gibt so gut wie kein Siedlungsgebiet – und es sich de facto um reine Wohngegenden mit einer geringen Zahl von Arbeitsplätzen vor Ort handelt. Wenn Arbeitsplätze vorhanden sind, dann im Bereich von Einzelhandel, Dienstleistungen, freien Trägern und dem öffentlichen Dienst. Gemeinsam ist diesen Gebieten auch, dass sie einen für Marzahn-Hellersdorf recht hohen Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund haben: Spätaussiedler, Vietnamesen, Roma, Menschen türkischer Herkunft (die oftmals aus innerstädtischen Bereichen „gentrifiziert“, also durch die hohen Mieten verdrängt wurden). Inzwischen hat der Wahlkreis wieder so stark angestiegene Geburtenzahlen, dass der Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen nur mit großen Anstrengungen befriedigt werden kann. Die Arbeitslosigkeit ist ebenfalls relativ hoch – sieht man sich jedenfalls die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs an. Sehr viele Bewohnerinnen und Bewohner werden zur Zeit noch durch die diversen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen erfasst und haben so zumindest das Gefühl, keine überflüssigen Menschen zu sein – auch wenn das reale Einkommen sehr niedrig ist. In den letzten Jahren ist es gelungen, auch durch meine und die meiner Kolleginnen und Kollegen Arbeit, eine gewisse soziale Stabilisierung im Quartier zu erreichen. Ursprünglich geplante großflächige Abrisse konnten abgewendet werden. Marzahn-Nord wurde durch die Ahrensfelder Terrassen ein Berliner Vorzeigemodell für einen behutsamen Stadtumbau, der ansonsten immer mit Abriss gleichgesetzt wird. Seit über zehn Jahren wird hier erfolgreich gezeigt, wie nachhaltig Quartiersmanagement (inzwischen seitens durchaus verschiedener Träger) arbeiten kann. Das unmittelbare Wohnumfeld hat sich deutlich verbessert, mir wird das auch gelegentlich von Besuchergruppen aus westdeutschen Bundesländern bestätigt, die sich hier positiv erstaunt umschauen. Im Quartier wurden und werden verschiedene Modelle der Bürgerbeteiligung mit durchaus unterschiedlichem Erfolg ausprobiert – mein Wahlkreis kann dadurch zu den Regionen in Berlin gezählt werden, in denen am besten das Pro und Contra dieser verschiedenen Beteiligungsformen studiert werden kann. Ein Gewinn, wie ich meine, für die demokratische Stadtkultur Berlins. Die sich hier angesichts der aus Haushaltsgründen zunehmend gefährdete Lebensqualität der hier lebenden Menschen möchte ich erhalten helfen. Dazu gehört die Sicherung bezahlbarer Mieten, die weitere Stabilisierung des Wohnumfeldes (z.B. durch den Erhalt und einen zielgerichteteren Einsatz des Programms „Soziale Stadt“ des Landes Berlin), dazu gehört die Förderung der Bildungs- und Kultureinrichtungen in einem Gebiet, das relativ abseits der innerstädtischen Angebote liegt und für das eine eigene soziokulturelle Infrastruktur unverzichtbar ist. Dazu gehört auch der Erhalt einer guten und für alle bezahlbaren Nahverkehrsanbindung – einer unmittelbaren Landesaufgabe. Vieles von dem, was ich hier angesprochen habe, ist nur durch die Beteiligung Vieler zu erreichen. Ich sehe meine Verpflichtung hier auch im Knüpfen der dazu notwendigen „Netzwerke“. Auch glaube ich – dass egal ob in einer Regierungskoalition oder in der Opposition – es die Pflicht eines Landtagsabgeordneten ist, die Interessen der Bürgerinnen und Bürger seines Wahlkreises sehr nachhaltig in den landespolitischen Entscheidungsgremien zu vertreten und gemeinsam mit ihnen auch durchzusetzen. Das habe ich bislang, denke ich, mit gutem Erfolg getan und ich möchte dies auch weiter tun. Dass dies möglich ist, zeigt nicht zuletzt die Verhinderung des großflächigen Abrisses in Marzahn-Nord. Dasselbe trifft auch auf die geplante Umgehungstrasse der B 158 zu – dass die nicht so einfach vor die Vorgärten der Wohnhäuser des Wohngebietes gelegt werden kann, ist dem von mir beschriebenen Zusammenspiel zu danken. Was ich sehr bedauere ist, dass sich durch landespolitische Maßnahmen die Geißel der Arbeitslosigkeit nicht nachhaltig auf Dauer ausrotten lässt. Das wäre mein erstes Ziel. Die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen steht auf der Aufgabenliste der LINKEN ganz oben.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Wolfgang Brauer