Frage an Wolfgang Beuß von Martin H. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Beuß!
Ich wende mich an Sie als Mitglied des Wissenschaftsausschusses der Hamburger Bürgerschaft mit folgenden Sorgen: Viele Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter sind an der Universität mit einer Einstellungssperre für die nächsten Jahre belegt. Besonders kleine Fachbereiche geraten dadurch in Existenz-Schwierigkeiten, da eine effiziente Forschung und Lehre nicht mehr gewährleistet werden kann. Dadurch wird der Wissenschaftsstandort Hamburg ins Abseits gedrängt und Drittmittelgeber sehen weniger Bedarf in die hiesige Forschung zu investieren, was zu einer Art Teufelskreis führt, da dann weitere Kürzungen leichter zu rechtfertigen sind.
Können Sie ausschließen, daß es nicht 2009 dann heißt "So wenig wie in Hamburg (mitlerweile) geforscht wird war die Stellen- und Gelder-Kürzung gerechtfertigt" und daß damit die betroffenen Stellen endgültig gestrichen werden?
Können Sie darüber hinaus die Einstellungssperre vor dem Hintergrund von Millionen-Investitionen in die Nano-Technologie in Hamburg ¹ (= industriell profitabel nutzbar im Gegensatz zur Erforschung von Naturkatastrophen zum Beispiel) rechtfertigen? Mit den besten Wünschen,
Martin Hensch
¹) Bericht der taz von Anfang August diesen Jahres
Sehr geehrter Herr Hensch,
vielen Dank für Ihre Frage.
Bevor ich sie im Detail beantworte möchte ich zunächst einige Ziele der Hamburger Hochschulreform auflisten, wie sie im Hochschulmodernisierungsgesetz vom Mai 2003 festgeschrieben wurden:
o Ausfinanzierung der existierenden Stellen,
o Stärkung des Mittelbaus durch ein günstigeres Verhältnis von wissenschaftlichen Mitarbeitern zu Professoren,
o dadurch generell eine Verbesserung der Lehr- und Forschungsleistungen an der Universität.
Einen großen Erfolg können wir bereits verbuchen: Wir haben es geschafft, das Budget der Universität seit 2001 konstant zu halten, inklusive Inflationsausgleich. Demgegenüber steht der Sparkurs der Jahre 1996 bis 2001, der insgesamt das Budget um 15% gekürzt hat. Aus dieser Zeit resultieren leider auch Einsparverpflichtungen, die die Universität bis heute noch nicht vollständig umgesetzt hat. Die Einstellungssperren für wissenschaftliche Mitarbeiter, von denen Sie berichten, sind demnach nicht vom CDU-Senat politisch zu verantworten.
Ich kann Ihnen nur zustimmen: In punkto Stellenausstattung ist die Universität Hamburg im Vergleich zu anderen Hochschulstandorten nicht konkurrenzfähig. Im Bereich der Geisteswissenschaften zum Beispiel liegt der Anteil von Wissenschaftlichen Mitarbeitern pro Professor bei einem Sechstel – das ist natürlich viel zu wenig! Auch bzw. gerade deshalb ist die Uni Hamburg bei der Drittmittelvergabe nicht in der Spitzengruppe vertreten. Bezogen auf die Drittmittelakquise pro Professor wird sie beispielsweise von der viel kleineren Uni Konstanz deutlich übertroffen.
Das wollen wir als CDU-Bürgerschaftsfraktion gemeinsam mit der Wissenschaftsbehörde unter Senator Dräger ändern. Unser Ansatzpunkt ist die Umschichtung von Stellen, konkret: weniger Professoren, mehr wissenschaftliche Mitarbeiter. Das bedeutet, dass die Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter massiv erhöht werden. Ein Ergebnis der Hochschulreform ist in diesem Zusammenhang aber auch, dass die fachlichen Schwerpunktsetzungen innerhalb der Fakultäten zukünftig durch die Universität selbst erfolgen werden. Außerdem wir die Universität über ihre Struktur- und Entwicklungsplanung in Zukunft selbst entscheiden, welche Fächer und Studiengänge gefördert, erhalten oder abgebaut werden.
Auch ich hoffe sehr, dass durch diese Maßnahmen die Drittmittelquote der Universität Hamburg steigen wird.
Eine Bemerkung noch zu den Investitionen im Bereich der Nanotechnologie.
„Hamburg – Metropole des Wissens“ ist eines von vier Leitprojekten im Rahmen des Leitbildes „Wachsende Stadt“. Ziel ist es, Bildung und Wissenschaft auch international vermarkten. Inhaltlich gefüllt ist der Marketingbegriff „Metropole des Wissens“ mit sechs Zukunftsclustern:
IT/Medien
China Portal
Logistik
Luftfahrt
Life Science
Nanotechnologie
Mit den Investitionen im Bereich Nanotechnologie hat sich die Universität Hamburg demnach selbst entschieden, sich schwerpunktmäßig auf einen dieser sechs wichtigen Zukunftsfelder auszurichten.
Die Erforschung von Naturkatastrophen steht deshalb aber nicht hinten an: Hamburg ist Zentrum der Erdsystemforschung. Die Ursachenanalyse von Naturkatastrophen wird hier in besonders intensivem Maße betrieben – maßgeblich gefördert übrigens durch Hamburger Steuermittel.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Wolfgang Beuß