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Winfried Nachtwei
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Frage von Franz R. •

Frage an Winfried Nachtwei von Franz R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Hallo Herr Nachtwei,

die Bundesregierung hat sich in der Konferenz in Lima im Mai dafür ausgesprochen Streubomben mit "niedriger Blindgängerqoute" von einem Verbot auszunehmen, im Gegensatz zu Staaten wie Österreich oder Kanada, die sich für eine generelle Ächtung aussprechen.
Dazu habe ich folgende Fragen:
- wie steht der Unterausschuss für Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung zu dieser Frage?
- wie stehen Sie und Ihre Partei dazu?

Bitte antworten Sie nicht mit dem Argument, dass andere Staaten noch viel schlimmer sind.

Mit freundlichen Grüßen,
Franz Rockinger

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Rockinger,

vielen Dank für Ihre Anfrage bezüglich meiner Position zur Streumunitionspolitik der Bundesregierung, die diese auf der Konferenz in Lima im Mai vertreten hat. Die Vorstellung der Bundesregierung, dass es „ungefährliche“ Streumunition gibt, die man über unbewohntem Gebiet abwerfen kann und die keine zivile Opfer mit sich bringt, halte ich für fahrlässig, unsinnig und falsch. Auch technisch modernisierte Streumunition mit einer Blindgängerrate von unter 1 Prozent stellt eine permanente tödliche Gefahr und Bedrohung dar. Jede Streumunition, gleich ob mit 40-, 10- oder 1-prozentiger Wahrscheinlichkeit, kann bei Berührung tödlich sein. Ich teile Forderungen wie die des Aktionsbündnisses Landmine.de oder Handicap International voll und ganz, dass Deutschland dem belgischen Vorbild folgen und wie vom EU-Parlament gefordert, sich endlich deutlich zu einem raschen und vollständigen Verbot von Streumunition bekennen muss.

Sowohl in der Vergangenheit als auch aktuell habe ich mich wiederholt für ein sofortiges Moratorium und die völkerrechtliche Ächtung dieser grausamen Waffen ausgesprochen. Auch in dem von mir initiierten und Ende letzten Jahres in den Bundestag eingebrachten Antrag „Zivilbevölkerung wirksamer schützen – Streumunition ächten“ (BT-Drs. 16/2749) fordern wir Grüne den Deutschen Bundestag auf, bis Ende 2007 einen Gesetzentwurf zu erarbeiten, der den Einsatz, die Herstellung und den Export jeglicher Streumunition verbietet. Der völkerrechtswidrige Streubombeneinsatz im Libanon hat mehr als deutlich gezeigt, dass ein Einsatzverbot längst überfällig ist. Im federführenden Auswärtigen Ausschuss wurde unser Antrag allerdings mit den Stimmen der Union und der SPD abgelehnt.

Im April vergangenen Jahres haben sich das Auswärtige Amt und das Verteidigungsministerium in Form der 8-Punkte-Position auf eine Streumunitionspolitik verständigt, die im Kern lediglich eine Modernisierung des Bundeswehrbestandes und eine Begrenzung der Einsatzbedingungen vorsieht. In ihrer Antwort auf unsere Kleine Anfrage „Politik der Bundesregierung bezüglich Streumunition“ (BT-Drs. 16/2456) räumt die Bundesregierung ein, dass sie „bei zwingendem Erfordernis“ auch mit hohen Blindgängerraten belastete Streumunition einsetzen würde. Diese Position wurde von den Koalitionsfraktionen übernommen. Im Antrag der Koalitionsfraktionen „Gefährliche Streumunition verbieten“ ermächtigen die Abgeordneten der Union und der SPD die Bundesregierung „den Einsatz von Streumunition … dann vorzusehen, wenn geeignete alternative Munition nicht verfügbar ist“. Das ist politisch unsinnig. Streumunition sind ebenso wie Landminen unterschiedslos wirkende Waffen. Nach Ende der Kampfhandlungen sind ganze Gebiete über Jahrzehnte von Blindgängern verseucht. Leidtragende dieser grausamen Waffen ist vor allem die Zivilbevölkerung. Die Bundesregierung muss ihre Blockade für eine Ächtung jeglicher Streumunition endlich aufgeben. Wir wollen ein sofortiges Einsatzmoratorium, wie auch das Europaparlament gefordert hat. Dafür werde ich mich, dafür werden wir Grüne uns auch weiterhin einsetzen.

Weitere Stellungnahmen, Pressemitteilungen und parlamentarische Initiativen von mir finden Sie auf meiner Homepage unter www.nachtwei.de.

Ich hoffe ich habe Ihre Fragen hinreichend beantwortet und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Winfried Nachtwei, MdB