Frage an Winfried Nachtwei von Manfred B. bezüglich Verteidigung
Sehr geehrter Herr Nachtwei,
mit welcher Art des Pazifismus begründen Sie nach der Pleite mit dem unnötigen und irrsinnig teueren Raketenabwehrsystem MEADS, das Ihre Partei nicht verhindern konnte, Ihr neues Projekt, die Herstellung in und den Export aus Deutschland von sog. Streumunition zu untersagen? Wie kann eine pazifistische Partei allen Ernstes zwischen "guter Munition", die dann nach wie vor in Deutschland hergestellt werden dürfte, und "böser Munition" unterscheiden, deren Produktion verboten gehört? Was ist Ihrer Meinung nach "gute Munition"?
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Bartl
Sehr geehrter Herr Bartl,
Sie stellen mir als unnabhängiger Direktkandidat im Wahlkreis Mainz Fragen, die ich im Folgenden beantworten möchte.
Grüner Grundwert war und ist neben Ökologie, Gerechtigkeit und Selbstbestimmung die Gewaltfreiheit allerdings nicht im radikalpazifistischen Sinne. In diesem Sinne haben wir in den letzten sieben Jahre große Fortschritte erreicht, um Gewaltfreiheit konkret und praktisch werden zu lassen, nämlich mit neuen Fähgikeiten und Instrumenten der zivilen Konfliktbearbeitung, mit denen die Bundesrepublik im internationalen Vergleich eine Vorreiterrolle einnimmt (Vgl. insbesondere Aktionsplan).
In politischer Verantwortung bestimmen auch Grüne mit über das staatliche Gewaltmonopol im Innern und nach Außen. Der Grundwert Gewaltfreiheit bedeutet hier Gewaltverhütung, Gewalteindämmung und Eindämmung rechtsstaatlicher Gewalt. Eine weitere Vorbemerkung zu Meads: Die Grünen waren die Einzigen, die im Bundestag massiv dagegen argumentiert haben, weil Meads nicht dringlich, sondern überwiegend industriepolitisch begründet wurde. Mit dieser Position konnten wir uns nicht durchsetzen, was wir auch nicht beschönigt haben, aber es ist besser zu kämpfen und ggf. zu verlieren, als es erst gar nicht zu versuchen wie etliche "kritische Stimmen" aus der SPD. Besonders erbärmlich war das Verhalten der FDP, die Meads zuvor stets vorbehaltlos mitgetragen hatte und am Ende aus parteitaktischen Gründen dagegen stimmte. Die von uns Grünen angeführten Gründe gegen Meads halten wir auch weiterhin für zutreffend. Deshalb haben wir Bündnisgrünen auch deutlich gemacht, dass die Frage, ob Meads notwendig und vordringlich ist, im Hinblick auf die 2009 anstehende Beschaffungsentscheidung neu zu prüfen ist. Für weitere Informationen zu Meads möchte ich Sie auf meine Homepage unter www.nachtwei.de verweisen.
Ihre Unterscheidung zwischen „guter“ und „böser“ Munition kann ich nicht nachvollziehen. Die Bündnisgrünen setzen sich seit jeher für eine umfassende Ächtung sowie Vernichtung von Streumunition in Bundeswehrbeständen ein. Anders als bei Antipersonenminen, deren Produktion und Handel international geächtet ist, bestehen bei Streumunition und Antifahrzeugminen, die wie auch die Blindgänger von Streubomben eine Gefahrenquelle hauptsächlich für die Zivilbevölkerung darstellen, bislang keine rechtlich verbindlichen Einschränkungen. Obwohl offenkundig ist, dass Streumunition dem Geist des humanitären Kriegsvölkerrechts widersprechen. Bei der Ächtung von Landminen haben wir nach zähem Ringen in der Koalition eine gute Beschlusslage erarbeitet, die Umsetzung der Maßnahmen hätten wir aber gerne schneller gesehen. Auch bei der Vernichtung und Ächtung von Streumunition hat man von Seiten der Bundeswehr weitergehende Maßnahmen lange blokiert. Unser Ziel bleibt weiterhin eine umfassende Ächtung von Streumunition und Landminen. In unserem Wahlprogramm fordern wir: "Landminen, Streubomben und radioaktive Munition wirken nach Beendigung eines Konflikts lang nach und treffen vor allem die Zivilbevölkerung; wir setzen uns für eine umfassende Ächtung dieser Waffen ein und wollen ihre Räumung weiter aktiv unterstützen." Wir treten ebenfalls für ein generelles Verbot beider Waffentypen ein. Dies deckt sich mit Forderungen von Menschenrechtsorganisationen. Für weitere Informationen hierzu möchte ich Sie wiederum auf meine Website verweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Winfried Nachtwei