Frage an Winfried Hermann von ansgar m. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
hallo herr hermann,
wieso wird über ein thema das wirklich alle brennend interesiert nicht öffentlich diskutiert.
ich meine den "codex alimentarius".
da wird doch dem verbraucher vorgegaukelt das der codex im interesse des bürgers wäre, aber bei genauerem lesen wird einem schlecht angesichts der tatsache das vitamine als "unzulässige" inhaltsstoffe deklariert werden.
da unsere nahrung eh immer weniger "natürliche vitamine" enthalten, ist es doch geradezu ein verbrechen das die paar vitamine nun auch noch durch bestrahlung auf eine kaum noch nachzuweisende menge, die auf jeden fall unter einem therapeutischen nutzen liegt, reduziert werden sollen.
ihnen als grüner, müßte doch vor entsetzen die luft wegbleiben.
immerhin leiden heute schon zumindest in der hauptschule fast 60 % aller kinder unter mangelerscheinungen, (jedenfalls in der klasse meiner frau) was soll aus denen werden die sich doch schon heute nicht mehr ausreichend mit vitaminhaltiger nahrung versorgen können?
ich denke die farge intersiert alle. schreiben sie mal eine (ehrliche) antwort.
lg ansgar melinger
Sehr geehrter Herr Melinger,
in den letzten Tagen haben uns viele Schreiben erreicht, die vor einem Codex-Alimentarius-Gesetz warnen und das Inkrafttreten verhindern wollen.
Auch wenn wir Grünen grundsätzlich einer zunehmenden Standardisierung und Industrialisierung von Lebensmitteln zurückhaltend gegenüber stehen, können wir die geäußerten Vorwürfe nicht bestätigen. Der Codex Alimentarius ist kein Gesetz, sondern eine Sammlung internationaler Lebensmittelstandards. Das Sekretariat des Codex Alimentarius ist eine gemeinsame Einrichtung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
In der Kommission des Codex Alimentarius sind 180 Mitgliedsstaaten, auch Deutschland beteiligt. Die Sitzungen der Fachgremien sind allerdings öffentlich und Informationen der Einrichtungen werden unter http://www.codexalimentarius.net/web/faq.jsp zur Verfügung gestellt. Wir Grünen finden es jedoch problematisch, dass die über 160 Nichtregierungsorganisationen nur Beobachterstatus erhalten haben. Für eine bessere zivilgesellschaftliche Akzeptanz der Normungsarbeit müssten diesen Vertreterinnen und Vertreter volle Stimmrechte und eine finanzielle Unterstützung ihrer Arbeit erhalten.
Bei der nationalen und europäischen Gesetzgebung werden die Empfehlungen des Codex Alimentarius zwar häufig als Bezugssystem herangezogen, die Regeln aber noch einmal wissenschaftlich bewertet. Für die in einigen Schreiben erhobenen Behauptungen konnten wir keine Belege finden und gehen davon aus, dass sie einer sachlichen Grundlage entbehren. Insbesondere legen die Normen des Codex Alimentarius nicht fest, dass biologische Nahrung bestrahlt werden muss, Genfood in biologischer Nahrung nicht kennzeichnungspflichtig ist und Nahrungsergänzungsmittel (Vitamine und Mineralstoffe) verboten werden. Auch im Hinblick auf homöopathische Mittel, Heilkräuter und alternative Heilverfahren werden keine Verbote ausgesprochen.
Politisch bedeutender ist das Regelwerk bei internationalen Handelskonflikten, z.B. wenn Staaten die Einfuhr von Lebensmittel aus unerwünschter Produktionsweisen ablehnen. Hier wird der Codex Alimentarius als Maßstab herangezogen. Dennoch gibt es Beurteilungsspielräume. So ist z.B. die Gabe von Wachstumshormonen in der Rinderhaltung in Deutschland verboten entgegen der Empfehlung des Codex Alimentarius.
Bündnis 90/Die Grünen setzen sich seit ihrer Gründung für sichere, gesunde und natürliche Lebensmittel ein. Eine verständliche Kennzeichnung und transparente Verbraucherinformationen für eine gesunde und ausgewogene Ernährung stehen für uns im Vordergrund. Gentechnik auf dem Teller lehnen wir ab. Im Rahmen der uns übertragenen politischen Stimmen können unsere Wähler darauf vertrauen, dass wir gegen grüne Gentechnik, gegen Lebensmittelbestrahlung und gegen Hormonbehandlungen in der Tierhaltung Widerstand leisten. Wir treten für eine verbraucherfreundliche Kennzeichnung und für naturbelassene, biologisch erzeugte Nahrungsmittel ein. Die umstrittene Zusammensetzung der Fachgremien im Codex Alimentarius und die einzelnen Beschlüsse werden wir deshalb weiterhin kritisch begleiten.
Mit freundlichen Grüßen
Winfried Hermann
MdB