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Winfried Hermann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Mirko O. •

Frage an Winfried Hermann von Mirko O. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Hermann!

Was gedenken Sie und Ihre Partei gegen den zunehmend spürbaren Klimawandel zu unternehmen?
Wann kommt die längst überfällige Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen (was nicht nur dem Klimaschutz, sondern auch der Verkehrssicherheit zugute käme)?
Was werden Sie gegen die Ausweitung des Flugverkehrs tun (welcher sämtliche "Erfolge" des Kyoto-Prozesses in Frage stellt?
Wie stehen Sie zu einer entfernungsabhängigen Transportsteuer ?
(Norbert Suchanek: "Durch die unsinnige Subventionierung von unsinnigen Exporten vernichten wir uns weltweit gegenseitig die Jobs und Existenzen, die wir doch eigentlich so dringend brauchen. Es gilt endlich, den Spieß umzudrehen. Statt Transporte zu verbilligen, müssen sie verteuert werden. Eine deutliche, entfernungsabhängige Transportsteuer auf alle Produkte, die lokal hergestellt werden können, würde beispielsweise dazu führen, dass Schweine oder Rinder nicht mehr zu weit entfernten Schlachthöfen transportiert werden, sondern in neuen, kleinen Schlachthöfen in der Region geschlachtet und weiterverarbeitet werden" www.bio100.de/html/news.html)

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Frage: Was gedenken Sie und Ihre Partei gegen den zunehmend spürbaren
Klimawandel zu unternehmen?

Wir halten den Klimawandel für die größte ökologische Herausforderung unserer Zeit, die Auswirkungen werden uns immer wieder drastisch vor Augen geführt: Gerade aktuell durch das Alpen-Hochwasser oder durch den Hurrikan „Katrina“ in den USA. Der Mensch trägt große Verantwortung, denn er ist Hauptverursacher für den Ausstoß von Treibhausgasen. Die Konsequenz daraus kann nur lauten: Der Ausstoß klimaschädlicher Gase muss weltweit schnell und drastisch gesenkt werden. Der Anstieg der globalen Erwärmung muss auf 2° C gegenüber vorindustriellen Werten begrenzt bleiben, um unkalkulierbare Risiken für Mensch und Natur zu verhindern. Klimaschutz ist eine gewaltige Aufgabe. Angesichts der großen Gefahren besteht enormer Handlungsbedarf. Wir sind uns unserer globalen Verantwortung bewusst und werden uns auch in den kommenden Jahren für konsequenten Klimaschutz einsetzen - national, europäisch und international.

Für Deutschland heißt das: Wir müssen die erfolgreiche, rot-grüne Klimaschutzpolitik der letzten Jahre fortsetzen. Mit der Förderung der Erneuerbaren Energien und der umweltfreundlichen Kraft-Wärme-Kopplung, der Ökologischen Steuerreform, dem Altbausanierungsprogramm, dem Emissionshandel, der LKW-Maut und der Agrarwende ist ein guter Anfang gemacht. Aber das ist noch lange nicht genug. Wir wollen diesen Weg weitergehen. Wir müssen unsere Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40% senken, bis 2050 um 80%. Dafür brauchen wir eine ambitionierte nationale Klimapolitik: Entscheidend ist dabei die Fortsetzung der von uns eingeleiteten Energiewende „Weg von Öl, Kohle und Atom – hin zu den erneuerbaren Energien“. Wir wollen den Anteil der Erneuerbaren Energien an Strom, Wärme und Treibstoffen auf 25 % bis zum Jahre 2020 steigern. Das ist gut für das Klima und schafft neue, zukunftsfähige Arbeitsplätze. Mit einer Politik der 3 E - Einsparung, Effizienz und Erneuerbare Energien – wollen wir dies erreichen und bis 2020 zu einem neuen, klimafreundlicheren Energiemix kommen.

Auch die EU muss Vorreiter bleiben. Wir erwarten, dass sich die EU zur Senkung der Treibhausgasemissionen um 30% bis 2020 gegenüber 1990 verpflichtet und eine langfristige, europäische Klimaschutzstrategie entwickelt.

International war das Inkrafttreten des Kioto-Protokolls im Februar 2005 ein historischer Meilenstein! Dies kann aber nur ein erster Schritt sein. Nun kommt es darauf an, seine Weiterentwicklung konsequent voranzutreiben, neue, weitergehende Ziele zu vereinbaren, den internationalen Luft- und Schiffsverkehr sowie die USA und Schwellenländer wie China und Indien einzubeziehen. Auf der nächsten UN-Klimakonferenz in Montreal Ende 2005 müssen konkrete Verhandlungen für die Zeit nach 2012 beginnen. Deutschland und die EU müssen im internationalen Klimaschutzprozess weiter Vorreiter und Antreiber bleiben.

Wir können uns keine Atempause leisten. Klimaschutz ist notwendig: Für globale Verantwortung, für Innovationen, für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Dafür stehen nur Bündnis 90/Die Grünen!

Frage: Wann kommt die längst überfällige Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen (was nicht nur dem Klimaschutz, sondern auch der Verkehrssicherheit zugute käme)?

Nach Umfragen hält die klare Mehrheit der Bevölkerung ein allgemeines Tempolimit auf deutschen Autobahnen für vernünftig. Dass es ein solches Tempolimit immer noch nicht gibt, liegt nicht an den Grünen. Wir haben den Vorschlag für ein generelles Tempolimit in den Koalitionsverhandlungen 1998 und 2002 eingebracht, konnten uns damit aber gegenüber der SPD nicht durchsetzen. Gegen das Tempolimit agiert eine mächtige Lobby aus ADAC, Automobilindustrie bis hin zur BILD-Zeitung, und dieser Lobby fühlt sich der "Autokanzler" bisher mehr verpflichtet als z.B. den Umweltverbänden. Union und FDP sind selbstverständlich schon immer für "freie Fahrt für freie Bürger" gewesen.

Ein Tempolimit wäre vor allem aus Gründen der Verkehrssicherheit sinnvoll.. Dabei geht es nicht nur um die nachgewiesene Reduzierung der Unfälle, sondern auch darum, dass sich immer mehr Verkehrsteilnehmer, vor allem ältere Menschen, aufgrund der enormen Geschwindigkeitsunterschiede gar nicht mehr trauen, auf Autobahnen zu fahren. Das Recht des Rasers behindert damit die Mobilität vieler anderer Menschen.

Zudem sinkt auf Autobahnen mit Tempolimit der Lärmpegel, es werden weniger Klimagase und Luftschadstoffe ausgestoßen, der Verkehr läuft flüssiger – auch weil viele Staus auf Unfälle in Folge überhöhter Geschwindigkeit zurückzuführen sind. Der Beitrag zur Spriteinsparung ist allerdings selbst nach Einschätzung des Umweltbundesamts mit 2% bei Absenkung auf 120 km/h eher gering. Um unsere Abhängigkeit vom Öl zu lösen, wäre ein allgemeines Tempolimit daher nur von untergeordnetem Interesse. Wichtiger sind: mehr Beimischung von Biokraftstoffen, spritsparende neue Antriebstechniken, eine CO2-Steuer anstelle der bisherigen Kfz-Steuer und ein weiterer Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, um attraktive Umstiegsangebote für Autofahrer zu bieten.

Dennoch: Wir sind gegen die Neuauflage einer ideologischen Debatte um das Tempolimit. Dafür sind keine politischen Mehrheiten in Sicht, weil Bündnis 90 / Die Grünen die einzige Partei sind, die ein Tempolimit möchte. Wir setzen daher auf ein europäisches Tempolimit, das dann auch für Deutschland gilt.

Frage: Was werden Sie gegen die Ausweitung des Flugverkehrs tun
(welcher sämtliche "Erfolge" des Kyoto-Prozesses in Frage stellt?

Der Flugverkehr bezahlt noch immer keine Umweltsteuern, obwohl er erheblich das Klima schädigt und durch Lärm- und Schadstoffemissionen Umwelt und Gesundheit beeinträchtigt. Der ständig wachsende Flugverkehr trägt weltweit schätzungsweise mit rund 10 Prozent zum Treibhauseffekt bei: Tendenz steigend, 2030 könnte es mehr als im Autoverkehr sein. Die Klimaschädlichkeit der Emissionen ist in großen Höhen um das zwei- bis vierfache größer als auf dem Boden. Da Treibhausgas-Emissionen aus dem internationalen Luftverkehr nicht vom Kioto-Protokoll erfasst werden, müssen wir dafür sorgen, dass bei der Fortentwicklung des Kioto-Protokolls konkrete Reduktionsverpflichtungen für den Flugverkehr festgelegt werden. Die neue EU-Energiesteuerrichtlinie eröffnet den Spielraum zur Einführung einer Kerosinsteuer.

Die beste Lösung wäre die EU- oder gar weltweite Einführung. Denkbar ist jedoch auch eine länderübergreifende Lösung, die möglichst viele internationale Luftdrehkreuze in Europa einbezieht. Der Vorschlag, mit der Kerosinsteuer eine Erhöhung der Entwicklungshilfe zu finanzieren, hat für neuen Schwung gesorgt. Mit dem Geld könnten Programme der Armutsbekämpfung und des Umwelt- und Ressourcenschutzes in den Ländern des Südens finanziert werden. Mit der Besteuerung von Kerosin jährlich Mittel in Höhe von bis zu sieben Milliarden €uro eingenommen werden könnten. Damit kämen wir dem lang versprochen Ziel, die Entwicklungshilfe kurzfristig auf 0,34 und langfristig auf 0,7 % des BIP aufzustocken endlich näher. Wir wollen die Einführung einer Kerosinsteuer oder eine Abgabe auf Flugtickets. Der Bundesrat blockiert weiterhin die Aufhebung der Mehrwertsteuerbefreiung im grenzüberschreitenden Flugverkehr.

Frage: Wie stehen Sie zu einer entfernungsabhängigen Transportsteuer?
(Norbert Suchanek: "Durch die unsinnige Subventionierung von unsinnigen Exporten vernichten wir uns weltweit gegenseitig die Jobs und Existenzen, die wir doch eigentlich so dringend brauchen. Es gilt endlich, den Spieß umzudrehen. Statt Transporte zu verbilligen, müssen sie verteuert werden. Eine deutliche, entfernungsabhängige Transportsteuer auf alle Produkte, die lokal hergestellt werden können, würde beispielsweise dazu führen, dass Schweine oder Rinder nicht mehr zu weit entfernten Schlachthöfen transportiert werden, sondern in neuen, kleinen Schlachthöfen in der Region geschlachtet und weiterverarbeitet werden" www.bio100.de/html/news.html)*

Mit der Einführung der Lkw-Maut haben wir im Prinzip schon eine Transportsteuer, da die Mehrkosten an die Verbraucher weitergegeben werden. Wir wollen diese Lkw-Maut auf Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen ausweiten. Sie soll auf zudem schrittweise auch für das nach geordnete Straßennetz eingeführt werden. Eine Transportsteuer wäre hingegen nicht mit dem europäischen Wettbewerbsrecht vereinbar, da die z.B. die spanischen Tomatenbauern sofort vor dem Europäischen Gerichtshof klagen würden, wenn ihre Tomaten durch eine solche Steuer in Deutschland, einem der Hauptabsatzmärkte, teurer würden als die holländischen. Und sie würden Recht bekommen. Es fehlt eine Kerosinsteuer (siehe Antwort auf obige Frage).

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