Frage an Winfried Hermann von Ralph U. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Hermann
Für ihre ausführliche Antwort möchte ich mich bedanken.
Allerdings habe ich ihre Antwort zu den „Feinstaub“-Grenzwerten nicht richtig verstanden, was vielleicht auch daran liegt, daß ich die Frage nicht eindeutig genug stellte.
Ich meine mit „Feinstaub“ natürlich ein Äquivalent zu PM10, mit dem die Umweltzonen begründet werden. Sie haben diese als „ultrafeine“ Partikel bezeichnet. Der von Ihnen genannte Grenzwert bezieht sich jedoch auf die gesamte Rußmasse, wobei die gefährlichen „ultrafeinen“ Partikel nicht ins Gewicht fallen.
1. Wie stehen Sie zu der Aussage der Max-Plank-Gesellschaft, daß gerade die Verschärfung dieses Grenzwertes zur Verwandlung der ursprünglich großen Rußpartikel alter Diesel in die lungengängigen ultrafeinen Partikel der Euro IV-Diesel geführt hat?
2. Sie schreiben, daß Benziner keinen Feinstaub ausstoßen. Können Sie dies näher begründen?
Seit über 30 Jahren benutze ich, wie andere KFZ-Meister auch, den Rußbelag im Auspuffrohr zur Motordiagnose. Ich kann an der Stärke dieses Rußbelags zwar kaum einen Diesel von einem Benziner oder ein Filter- von einem hardcore Auto unterscheiden. Ich gebe auch gerne zu, daß in den letzten Jahren der Rußbelag schwächer geworden ist, gelegentlich ist heute das Endrohr sogar richtig blank. Jedoch nur bei Überlandfahrzeugen. Im Stadtverkehr haben Autos genau wie vor 30 Jahren einen richtig dicken Rußbelag im Endrohr – auch Benziner und Filterautos.
Sie können diese Aussage problemlos auf dem nächsten Parkplatz selbst überprüfen – einfach mit dem Finger leicht im Auspuffendrohr fühlen.
Für eine Verbesserung der Luftqualität ist neben anderen Maßnahmen eine drastische Verringerung des innerstädischen Verkehrs dringend notwendig.
3. Was nützt es jedoch der Umwelt, wenn viele Autos von allen Einschränkungen ausgenommen werden, der notwendige Lieferverkehr dagegen behindert wird? Steht die Umweltzone nicht einer Verkehrsberuhigung entgegen?
Mit freundlichen Grüßen
Ralph Urban
Sehr geehrter Herr Urban,
vielen Dank für Ihre 2. Anfrage auf die ich Ihnen noch einmal antworten möchte.
Gleichwohl bitte ich Sie um Verständnis, ich kann über diese Seite nicht in eine
fortlaufende Korrespondenz mit Ihnen eintreten.
Für Ihre kenntnisreichen Nachfragen habe ich einen Messexperten zu Rate gezogen,
ich vermittle Ihnen gern mehr hierzu, wenn Sie mein Berliner Büro kontaktieren.
Zu Ihren Fragen
Zu "ultrafeinen Partikeln"
Richtig ist, dass PM10 definiert ist als alle Partikel, die kleiner 0.01 mm sind, so wird das in der Atemluft gemessen. Darin sind neben den von Fahrzeugen emittierten Partikeln (Russ, Metalloxide, Mineralien, Kondensate von Schwefelsäure und schweren Kohlenwasserstoffen) auch aufgewirbelter Staub und viele natürliche Partikel enthalten. Die Lunge kann mit allen Arten von natürlichen Partikeln gut umgehen, sie werden schnell (20 min) wieder ausgeschieden. Gefährlicher aber sind die „hausgemachten“ Feinstpartikel aus der Verbrennung, vor allem auch der motorischen Verbrennung, weil sie erstens viel kleiner sind als die natürlichen ( 100 x) und zweitens unlöslich. Sie dringen in den Organismus ein, verursachen verschiedene Erkrankungen . Es ist nicht sinnvoll, diese beiden Gruppen miteinander zu vermischen, weil sie ganz andere Eigenschaften haben, aber dazu ist noch keine gesetzliche Grundlage geschaffen. Das wird anders werden: für Fahrzeuge hat die EU schon die Partikelzählung festgelegt, die mit Euro 6 eingeführt wird, dann werden die Feinstpartikel besser berücksichtigt und in USA ist PM10 schon durch PM2.5 ersetzt. Darauf konnte man aber für die Einführung von Umweltzonen wegen der hohen Belastungen nicht warten.
zu 1. Diese Aussage kann man so nicht stehen lassen. Die sogenannten Primärpartikel, wie sie zunächst in der Verbrennung entstehen, sind nur etwa 10-30 nm gross (nm ist ein Nanometer, also 0.000001 mm). Das kann man heute sehr genau messen (wenn Sie das interessiert, empfehlen wir Ihnen die Nanopartikelkonferenz in Zürich Ende Juni, siehe Beilage oder das Buch gemäss beiliegendem flyer). Hat man nun einen älteren Motor (zB Euro 0), der sehr viel Russmasse produziert, so erzeugt der pro Kubikzentimeter etwa 100 Millionen Partikel. Die Partikeldichte im Abgas (Aerosol) ist dann so gross, dass viele Partikel ständig aufeinander stossen, sie ballen sich dann zusammen zu sogenannten Agglomeraten in der Grösse von 100 bis 150 nm. Das ist ein Mittelwert, die Verteilung geht von 10 – 500 nm. Bei neuern Motoren hat man von Anfang an weniger Primärpartikel, „nur“ etwa 10 Millionen pro cc und deswegen werden die Agglomerate kleiner, heute mit Euro 5 misst man den Mittelwert bei 60 – 80 nm. Die kleinsten sind noch immer 10-20, die Zahl der grösseren ist besonders geringer geworden. Sie sind also im Mittel kleiner und drum gefährlicher. Deswegen sollte man die neuen Motoren aber nicht verteufeln, denn es ist ohnehin aus heutiger Sicht fraglich, ob das Problem innermotorisch zu lösen sein wird, also von 10 Millionen auf Null zu kommen. Hierfür braucht es Filter und zwar solche die Wirkungsgrade von 99.99 % haben, wie sie in der Schweiz standardmässig eingesetzt werden. Und je weniger Partikel der Motor produziert, umso einfacher ist die Filtration und umso besser das Endergebnis. Nicht vergessen sollte man auch, dass die neuen Motoren ja auch weniger NOx, HC und CO emittieren.
zu 2. Auch das ist alles richtig. Es stimmt einfach nicht, dass Benzinmotoren (oder Gasmotoren) keine kleinen Russpartikel erzeugen würden. Wenn die Motoren gut eingestellt sind, sind es total tatsächlich weniger – etwa 10 bis 100 mal weniger, aber diese Partikel sind wesentlich kleiner als die Dieselpartikel (im übrigen gleich zusammengesetzt) d. h. man muss sie ernst nehmen. Mit der Einführung des europäischen Anzahlgrenzwertes mit Euro 6 sind auch die Benziner nicht mehr ausgenommen. Ihre Beobachtung, dass das Auspuffrohr von Benzinern ebenso schwarz ist wie das von Dieseln ist auch richtig, denn wenn die Gemischeinstellung eines Benziners sich nur ganz wenig verschiebt, dann beginnt er ebenso zu russen. In manchen USA-Staaten wird das übrigens periodisch geprüft, in der EU leider nicht.
Wir sind dabei einen Antrag in den BUndestag einzubringen, der veränderte Messverfahren für die AU und die periodische Prüfung von Rußfiltern fordert.
zu 3.
Wir sind vollkommen Ihrer Auffassung, dass die Maßnahmen in den Umweltzonen auf keinen Fall auf die PKW beschränkt bleiben dürfen. Alle anderen Fahrzeuge müssen mit einbezogen werden, auch Baumaschinen, Kommunalfahrzeuge, stationären Dieselmotoren und vor allem leichte Nutzfahrzeuge.
Beste Grüße
Ihr Winfried Hermann