Frage an Winfried Hermann von Robert S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Hermann,
die tragischen Ereignisse der letzten Tage in Tibet haben uns vor Augen geführt, wie wenig die chinesische Regierung grundlegende Menschenrechte respektiert.
Die in hohem Maße fragwürdige Politik der chinesischen Regierung ist jedoch wie Sie sicherlich wissen nicht bloß auf „innerchinesische“ Angelegenheiten beschränkt, sondern setzt sich nahtlos in der Außenpolitik des Reichs der Mitte fort. In diesem Zusammenhang möchte ich nachdrücklich auf die Rolle Chinas als Hauptunterstützer des sudanesischen Regimes in Khartum hinweisen, welches in der Region Darfur für den ersten Völkermord des 21. Jahrhunderts verantwortlich ist.. China pflegt engste wirtschaftliche und politische Kontakte mit dem Sudan. Seit Jahren ist die Volksrepublik der größte diplomatische Protegé sowie ökonomischer Investor und Handelspartner des Sudans. So kauft China die Hälfte aller sudanesischen Ölexporte, hat weitreichende Investitionen in dessen Öl-Industrie vorgenommen und nutzt die gute Beziehung der beiden Staaten um dort lukrative Bauaufträge zu übernehmen. Alles in allem hat China $10 Milliarden an Handels- und Kapitalinvestitionen im Sudan. Dazu kommt, dass China trotz eines Waffenembargos massive Rüstungsverkäufe in den Sudan in Millionenhöhe vornimmt. ( http://savedarfur.org/page/content/china_sudan_darfur )
Die olympischen Spiele bieten eine einzigartige Gelegenheit, um China zu einer verantwortungsvollen Menschenrechtspolitik im Inneren sowie in seiner Außenpolitik zu bewegen.
Meine Fragen an Sie:
1. Welche Position vertreten Sie persönlich in Bezug auf einen möglichen Boykott der olympischen Spiele 2008, welche Position vertritt Ihre Bundestagsfraktion?
2. Sind sie bereit, sich innerhalb Ihrer Fraktion, der Öffentlichkeit
sowie gegenüber chinesischen Verantwortlichen für eine kritische
Thematisierung der chinesischen Menschenrechtspolitik auch und gerade im Zusammenhang mit der Darfur-Krise – einzusetzen?
Hochachtungsvoll,
Robert Schütte
(Präsident "Genocide Alert")
Sehr geehrter Herr Schütte,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Zu diesem Thema habe ich zusammen mit meinen Fraktionskollegen Volker Beck und Jürgen Trittin deutlich Stellung bezogen.
18. März 2008
Olympia: Boykott oder Nichtstun falsche Alternative
Jürgen Trittin, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, Volker Beck, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer und menschenrechtspolitischer Sprecher, und Winfried Hermann, sportpolitischer Sprecher, erklären:
Wir fordern die chinesische Regierung dazu auf, sich für eine friedliche Beendigung der Unruhen in Tibet zu entscheiden und das Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit aller Tibeterinnen und Tibeter zu gewährleisten. Direkte Verhandlungen über die Zukunft Tibets zwischen der chinesischen Regierung und dem Dalai Lama sind dabei unbedingt notwendig, um eine weitere Eskalation zu verhindern.
Es sollten so bald wie möglich unabhängige Beobachterinnen und Beobachter der Vereinten Nationen nach Tibet reisen und die Vorfälle und Ausschreitungen dort untersuchen können. Dafür sollte sich die Bundesregierung im Rahmen des derzeit tagenden Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen stark machen.
Auch das Internationale Olympische Komitee sollte sich deutlich und wiederholt für eine Einhaltung der Menschenrechte in China und für ein Ende der gewalttätigen Auseinandersetzungen in Tibet aussprechen. Zurückhaltung schadet dem Anliegen der olympischen Idee. Die Olympische Bewegung sollte Mut zu einer klaren Sicht auf die schwierige Menschenrechtslage in China und zu einer klaren Sprache gegenüber den Chinesen haben. Auch die Sportlerinnen und Sportler können gegenüber dem Gastgeber China auf menschenrechtsrelevante Probleme hinweisen und das Gespräch mit ihren chinesischen Kolleginnen und Kollegen suchen.
Menschenrechtsverletzungen stehen im eklatanten Widerspruch zum Geist von Olympia. China kann jetzt zeigen, ob es sich von der menschenverachtenden Politik entfernt hat, für die das Massaker auf dem Platz des himmlischen Friedens beispielhaft steht. Die internationale Staatengemeinschaft sollte nicht nachlassen, China mit allem Nachdruck dazu aufzufordern.
Mit freundlichen Grüßen
Winfried Hermann MdB