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Winfried Hermann
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Frage von Wolfgang S. •

Frage an Winfried Hermann von Wolfgang S. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Hermann,

seit geraumer Zeit arbeitet Ihr Ministerium mit grossem personellen und finanziellem Aufwand an den Ausschreibungen zum Schienen-Personennahverkehr in Baden-Württemberg.

Für die teilnehmenden Unternehmen gibt es verschiedene Modelle zur Fahrzeugfinanzierung über eine Landesanstalt oder Unterstützungen beim Bau von Bahnwerkstätten für die Wartung der Fahrzeuge. Die Fahrzeiten werden quasi vom Land vorgegeben, indem die enstprechenden Zugfahrten bei den Unternehmen bestellt werden. Ein freies unternehmerisches Handeln ist den Unternehmen somit ja dadurch kaum möglich, richtiger "Wettbewerb" existiert praktisch nicht. Die Erfahrungen der bisherigen Ausschreibungen in Deutschland zeigen, dass sehr oft die Tochterunternehmen ausländischer Konzerne zum Zuge kommen. Das bundeseigene Bahnunternehmen DB Regio mit überdurchschnittlichen Personal-Sozialstandards verliert immer mehr Marktanteile.

Das Land Baden-Württemberg ist an verschiedenen Bahnunternehmen selbst beteiligt, bei der SWEG zu 100% und bei der HZL hat das Land eine Mehrheitsbeteiligung.
Frage daher:
Warum forcieren Sie nicht eine starke landeseigene Bahngesellschaft für die Abwicklung des Schienen-Personennahverkehrs in Baden-Württemberg?

Mit freundlichen Grüßen
W. S.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr S.,

der Wettbewerb ist bei Neuausschreibungen von Verkehrsleistungen im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) vorgeschrieben. Das Land hat z.B. durch die Finanzierungsmodelle auch kleineren Unternehmen wie der SWEG und der WEG ermöglicht, sich am Wettbewerb zu beteiligen. Aktuell hat die DB Regio AG im größten Netz des Landes, dem Stuttgarter Netz, den 1. Platz im Wettbewerb erreicht, musste jedoch wegen eines Formfehlers im Vergabeverfahren ausgeschlossen werden. Der Zuschlag ist noch nicht endgültig erteilt, jedoch hat die DB mit ihrem Einspruch bei der Vergabekammer keinen Erfolg gehabt.

Für mich ist es sehr wichtig, dass der Wettbewerb nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird. Das Land hat deshalb das Landestariftreuegesetz umgesetzt. Im Vergleich mit früheren Vergabeverfahren wird die Möglichkeit des Sozialdumpings ausgeschlossen, weil das tarifvertragliche Lohnniveau vorgegeben wird. Und da in der Branche Arbeitskräftemangel herrscht, liegen die tarifvertraglichen Regelungen alle sehr nahe beieinander. Es wäre aber nicht sachgerecht, Einzelregelungen, die über die Tarifverträge hinausgehen, staatlicherseits vom Land vorzugeben. Sie sollten jeweils im Betrieb vereinbart werden.

Neben der bereits erwähnten rechtlichen Verpflichtung zur Ausschreibung sprechen weitere Gründe gegen eine Direktvergabe an eine landeseigene Gesellschaft. Ein Wettbewerb um die wirtschaftlichste Lösung innerhalb des vorgegebenen Ordnungsrahmens insbesondere im Hinblick auf die Verkehrssicherheit und die Sozialstandards hat sich bisher als der beste Weg für einen effizienten Einsatz der Steuergelder und für weiterhin erforderliche Innovationen im SPNV erwiesen.

Mit freundlichen Grüßen

Winfried Hermann

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