Frage an Winfried Hermann von Daniel S. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Hermann,
ich bin Sonderschullehrer an einer Schule für Körperbehinderte. Im Zusammenhang mit der UN-Menschenrechtskonvention wurde in letzter Zeit bundesweit von ihrer Partei angehörigen Politikern die Abschaffung der Sonderschulen (in anderen Bundesländern: Förderschulen) gefordert. MitarbeiterInnen solcher Einrichtungen geraten absurderweise gar in den Verdacht, sich allein durch ihre Tätigkeit im Rahmen einer "exklusiven" Beschulungfsorm an Menschenrechtsverletzungen zu beteiligen.
Die Forderung nach der Abschaffung der Sonderschulen erfolgt reichlich undifferenziert. Ich will zwei Beispiele nennen, die deutlich machen sollen, dass eine solche pauschale Forderung zweifelhaft ist: An unserer Einrichtung befinden sich zum einen Schülerinnen und Schüler mit schwerer Körperlicher und schwerer geistiger Behinderung, sogenannte schwermehrfachbehinderte Kinder, zum anderen Schüler, die an der Regelschule einem hohen psychischen Leidensdruck ausgesetzt waren und den Wechsel an eine Sonderschule als große Erleichterung empfanden. Wie stellen sie sich konkret eine inklusive Beschulung dieser beiden Schülergruppen vor?
Mit freundlichen Grüße, D. Simon
Sehr geehrter Herr Simon,
vielen Dank für Ihre Fragen und Ihr Interesse an unserer Position! Ich möchte Ihnen versichern, dass Bündnis 90/Die Grünen Ihre Befürchtungen teilen. Deshalb haben wir konstruktive Vorschläge für eine Regelschule für alle Kinder unterbreitet. Unser Ziel ist, mittelfristig allen Kindern die Möglichkeit zu eröffnen, auf eine Regelschule zu gehen. Das fordert nicht zuletzt die UN-Behindertenrechtskonvention. Dies wird nur schrittweise geschehen können. Auf dem Weg zu einer inklusiven Beschulung müssen ganz verschiedene Aspekte beachtet werden. Zunächst müssen wir von jenen Menschen ausgehen, die die schwersten Behinderungen oder den höchsten psychischen Leidensdruck haben. Ebenso wichtig ist dabei auch, alle Lehrerinnen und Lehrer, die mit ihren jeweiligen Schwerpunkten in den so genannten Förderschulen arbeiten, in die zukünftige Schule für Alle mitzunehmen. Für uns ist es selbstverständlich, dass der besondere Unterstützungsbedarf für diese Schülerinnen und Schüler auch zukünftig besteht. All denjenigen, die in der Abschaffung der sog. Förderschulen vor allem ein Sparpotenzial vermuten, treten wir entschieden entgegen. Bündnis 90/Die Grünen haben auf einer ihrer Bundesdelegiertenkonferenzen ein umfassendes Programm beschlossen, dass unsere Vorstellung von einer Inklusiven Regelschule detailreich beschreibt. Sie finden das Programm unter: http://www.gruene-partei.de/cms/partei/dokbin/207/207476.gemeinsamer_unterricht_von_behinderten_u.pdf
Mit den besten Grüßen
Ihr Winfried Hermann
MdB