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Willi Piecyk
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Frage von Jörg S. •

Frage an Willi Piecyk von Jörg S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Piecyk,

warum haben Sie der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung zugestimmt?
Ich glaube, wie das Gesetz zum "Großen Lauschangriff" ist auch dieses Gesetz nicht mit unserer Verfassung vereinbar.
Findet dadurch nicht so etwas wie ein Paradigmenwechsel in der Bundesrepublik Deutschland statt? (Ich gebrauche ausdrücklich "Bundesrepublik Deutschland", weil wir als Land so etwas ähnliches in der DDR ja schon mal hatten...)
Sehen Sie durch die Vorratsdatenspeicherung nicht alle Bürger unter einen Generalverdacht gestellt? Wie stehen Sie persönlich dazu? Stehen Sie zu diesem Abstimmungsverhalten oder ist es das Ergebnis eines Fraktionszwangs bei Ihnen?

Ich habe mich der Sammelklage gegen dieses nationale Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht angeschlossen.

Mit freundlichen Grüßen
J.Stöckel

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Stöckel,

danke für Ihre Frage, obwohl die Abstimmung ja schon fast zwei Jahre zurückliegt (14.12.2005). Es ist gut, dass das Abstimmungsverhalten von Abgeordneten gespeichert wird. Lassen sie mich zunächst versichern, dass für mich, der wesentlich durch die Anti-AKW -und Friedensbewegung geprägt wurde, Datenschutz existentiell für demokratisch verfasste Gesellschaften sein muss.

Ja, wir Sozialisten im Europäischen Parlament haben der Richtlinie zugestimmt, ohne Fraktionszwang versteht sich, es uns dabei aber nicht leicht gemacht. Ziel war es in jedem Fall zu verhindern, dass die Verhandlungen scheitern und es am Ende gar keine Regelung gibt. Die Frage war, kann man auf EU-Ebene demokratische Pflöcke einschlagen, die national nicht mehr auszuhebeln sind.

Nachdem der Ministerrat sich dafür ausgesprochen hatte, das Thema im Verfahren der Mitentscheidung zu behandeln, konnten wir in harten Auseinandersetzungen mit dem Rat, dafür sorgen, zentrale Punkte zu verhandeln. So beschränkt sich der Geltungsbereich der Richtlinie nur auf schwere Straftaten. Es ist gelungen, die Speicherung erfolgloser und unbeantworteter Anrufe sowie das Ende der Standortdaten beim Mobiltelefonieren, durch die die Erstellung eines Bewegungsprofils möglich wäre, herauszunehmen. Wir konnten Datenschutzbestimmungen einbringen, die für den Zugang der Unternehmen auf die Daten gelten.

Da wir einen Konsens mit dem Rat in den uns wichtigen Punkten erzielen konnten, haben wir für die Richtlinie gestimmt. Damit wurde ein Präzedenzfall geschaffen, der es möglich macht, zukünftig in den Bereichen, die die Sicherheit betreffen, mitentscheiden zu können. Im konkreten Fall der Vorratsdatenspeicherung haben wir so zum Beispiel die Möglichkeit, eine spätere Revision vorzunehmen.

Weiter können wir durch die Mindestharmonisierung in der Vorratsspeicherung von Daten verbindliche Garantien schaffen, was zum Beispiel den Datenschutz und die Datensicherheit betrifft. Letztlich werden wir in zukünftigen Legislativvorhaben, die die innere Sicherheit betreffen, im Verfahren der Mitentscheidung eingebunden sein und somit die Bürgerrechte so weit wie möglich schützen können.

Schließend möchte ich gerne anmerken, dass ich wenig davon halte auf jedem Abgeordnetenprofil bei Abgeordnetenwatch lediglich aufgeführt zu sehen, ob man einem Legislativtext zugestimmt, ihn abgelehnt oder sich enthalten hat. Dies führt meiner Ansicht nach zu einer sehr vereinfachten Wahrnehmung der politischen Arbeit eines Abgeordneten.

Mit freundlichen Grüßen
Willi Piecyk