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Wilhelm Priesmeier
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Frage von Udo H. •

Frage an Wilhelm Priesmeier von Udo H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Priesmeier,

wie man deutlich nachlesen kann, haben Sie mir in meiner demokratischen Beurteilung Stammtischniveau vorgeworfen, an dem Sie sich nicht beteiligen möchten. Am heutigen Tag liest man in der größten Sonntagszeitung in Deutschland folgende Überschrift:

"Deutschland ist keine echte Demokratie mehr"
Quelle: T-Online

Deutschland ist nach Ansicht des Parteienkritikers Hans Herbert von Arnim keine echte Demokratie mehr. "Das Volk hat fast nichts zu sagen. Wir haben weder Herrschaft durch das Volk noch für das Volk - und damit keine wirkliche Demokratie", sagte der Staatsrechtsprofessor der "Bild am Sonntag". Die Bundesrepublik werde von der "politischen Klasse beherrscht". Das seien die Berufspolitiker, die zwei Prozent aller Mitglieder der Parteien ausmachten und "vornehmlich aus Eigeninteresse" handelten.

Auf die Frage, ob Deutschland reformierbar sei, antwortete von Arnim, er sei "durchaus optimistisch". Da Politik viel zu wichtig sei, "um sie allein den Berufspolitikern zu überlassen", hoffe er auf mehr direkte Demokratie durch Bürgerbegehren und Volksentscheide - "auch wenn die politische Klasse dies gar nicht mag, weil ihre Allmacht begrenzt wird".

Nach Ansicht des Parteienkritikers hätten zudem direkt vom Volk gewählte Politiker "eine höhere demokratische Legitimation und eine größere Autorität auch gegenüber ihren eigenen Parteien". Deshalb sollten die Ministerpräsidenten der Länder, der Bundespräsident genau wie Bürgermeister und Landräte direkt gewählt werden.

Wenn die Bürger wichtige politische Ämter direkt vergeben könnten, würde dies verhindern, "dass die höchsten Staatsämter in den Ländern und im Bund in Hinterzimmern ausgekungelt werden, wie die Nachfolger von Edmund Stoiber und Johannes Rau".

Möchten Sie Herr Priesmeier, dem Staatsrechtsprofessor von Arnim und mir immer noch eine links- oder rechtextremistische Meinung zugestehen?
Ich hoffe, dass Sie nun verstanden haben, was eine Demokratur ist.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Harenkamp!

Es ist mir grundsätzlich unverständlich, wie Sie für Ihre Behauptungen die Aussagen des "Parteienkritikers" von Arnim heranziehen können. Darüber hinaus halte ich die zugespitzte Kritik von Herrn von Arnim für wenig nützlich, um eine konstruktive Diskussion darüber zu führen, wie das bisherige demokratische System an der einen oder anderen Stelle weiter entwickelt werden kann.
Ich möchte betonen, dass wir in den Bundesländern und im Bund auf Grundlage eines parlamentarischen Regierungssystems arbeiten, das sich durch das Gegenüber von Oppositionspartei(en) und Regierungsmehrheit auszeichnet. Die Opposition hat immer die Chance, durch ein attraktives Politikangebot bei der nächsten Wahl an die Macht zu kommen. Dieses Mechanismus ist nicht neu und hat sich meines Erachtens in Deutschland bewährt, was gerade die Wahlergebnisse auf Landesebene in den letzten Jahren gezeigt haben. Daher sehe ich keine Notwendigkeit dieses Regierungssystem grundsätzlich in Frage zu stellen.
Aus Herrn von Arnims Äußerungen höre ich immer wieder heraus, dass er einen grundlegenden Systemwechsel hin zu einer präsidialen Regierungsform vorschlägt -- so soll ein Ministerpräsident unabhängig vom Landtag gewählt werden. Aber ein Ministerpräsident, der sich ausschließlich auf eine Wählermehrheit und nicht auf eine Regierungsmehrheit stützen kann, muss sich kontinuierlich Mehrheiten für seine Gesetzesvorhaben suchen. Welchen Beitrag dies zu einem stabilen, verlässlichen und vor allem unabhängigeren Regierungshandeln leisten soll, kann ich leider nicht nachvollziehen.
Leider bleibt von Arnim seinen Zuhörern bzw. Lesern auch die Antwort auf die Frage schuldig, warum ein direkt vom Volk gewählter Ministerpräsident grundsätzlich besser agieren sollte als ein vom Parlament gewählter. Die Logik der Argumentation erschließt sich mir nicht. Ich schließe mich daher den Aussagen von Herrn Matthias Krupa an, der in der ZEIT vom 29. Mai 2008 bemerkt: "Die Vorschläge, mit denen der Jurist (/gemeint ist Herr von Arnim/) der schwächelnden Demokratie neues Leben einhauchen möchte, verstärkt den Eindruck. Sie lauten kurz: mehr Volk und mehr Führung!"

Mit freundlichen Grüßen

Dr. med. vet. Dr. Wilhelm Priesmeier