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Wilhelm Priesmeier
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Frage von Jenny S. •

Frage an Wilhelm Priesmeier von Jenny S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Priesmeier,

wie können sie einem Gesetz zustimmen, das dem Grundgesetz offensichtlich widerspricht, hier insbesondere dem Paragraph 10. Das Grundgesetz besagt das das Fernmeldegeheimniss UNVERLETZLICH ist. Nicht in Teilen unverletzlich, oder nur manchmal für besondere Personen unverletzlich, sondern grundsätzlich und für alle unverletzlich.

Als Abgeordneter ist es ihre Pflicht nicht allein dem Parteiproporz zu folgen sondern ihrem Gewissen und ihren Wissen nach abzustimmen. Ansonsten wären die über 600 Abgeordneten (das 2. grösste Parlament der Welt !!!) überflüssig.

Nachweisslich, und dies gibt das BKA in einer selbst angefertigten Studie zu, bringt eine Überwachung des Telekommuniktionsbereichs keinen relevanten Sicherheitsgewinn und hilft nicht bei der Aufklärung von Verbrechen. (nachzulesen z.B hier : http://www.heise.de/newsticker/meldung/87950).
Eine Vorratsdatenspeicherung ist also komplett überflüssig und eben nicht nötig um auf angebliche Gefährdungen der inneren Sicherheit zu reagieren. Sowohl das Internet als auch das Telefon gibt es nicht erst seit gestern, und dennoch ist in den Jahrzehnten ohne Überwachung Deutschland nicht untergegangen.

Tatsache ist, das 82 Millionen als unschuldig zu geltene Bürger (siehe die zwingende Unschuldsvermutung), von den Mitgliedern des Bundestages, als pauschal verdächtig angesehen werden und der gläserne Bürger geschaffen werden soll. Und eben nicht nur der gläserne Kriminelle. Dazu gehört auch die Auswertung der Mautdaten, die Onlinedurchsuchung, die Hilfssheriffs die dem BKA petzen (=IMs), die Gesundheitskarte, die elektronische Lohnsteuerkarte, etc, etc. Alles Puzzelteile der perfekten Überwachung. Stasi 2.0

Dazu kommt das diese Datenhalde nicht ausschliesslich unter richterlicher Kontrolle steht, und jetzt schon Begehrlichkeiten seitens der Privatwirtschaft und weiterer Behörden weckt, z.B Urheberrechtsverletzungen und damit den angeblich Grund der Terrorismusabwehr ad absurdum führt.

mfg
Jenny Sue

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Jenny Sue,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich verstehe Ihr Unbehagen hinsichtlich der Wahrung des Fernmeldegeheimnisses und des Datenschutzes. Ich bin aber davon überzeugt, dass das Gesetz zur Novelle der Telekommunikationsüberwachung diesen Bedenken Rechnung trägt.

Zunächst einmal ist festzuhalten, was der genaue Inhalt des Gesetzes ist: Es novelliert die geltenden Vorschriften der Strafprozessordnung zur Telekommunikationsüberwachung und anderen verdeckten Ermittlungsmaßnahmen, es setzt die EU-Richtlinie zur sogenannten Vorratsdatenspeicherung in deutsches Recht um und sorgt für grundrechtswahrende Verfahrenssicherungen bei heimlichen Ermittlungsmaßnahmen.

Wir haben bei dem Gesetz zwei Dinge im Blick gehabt. Zum einen muss der Staat für unsere Sicherheit sorgen, daher müssen auch seine Strafverfolgungsinteressen angemessen berücksichtigt werden. Andererseits greifen verdeckte Ermittlungsmaßnahmen in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger ein, so dass der Rechtsschutz wirksam ausgestaltet sein muss. Deshalb haben wir das Telekommunikationsüberwachungsrecht rechtsstaatlich eingegrenzt. Die Hürden für eine Überwachung werden in Zukunft noch höher liegen als jetzt.

Zu diesen Hürden zählt, dass, anders als bislang, eine Überwachung grundsätzlich überhaupt nur in Frage kommt, wenn eine Straftat vorliegt, die im Höchstmaß mit fünf Jahren oder mehr Freiheitsstrafe bedroht ist. Eine Überwachung hat zu unterbleiben, wenn sie einzig und allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erbringen würde. Das Vertrauensverhältnis zu Seelsorgern, Strafverteidigern und Abgeordneten wird absolut geschützt. Ärzte, Rechtsanwälte und Journalisten dürfen nur nach sehr sorgfältiger Verhältnismäßigkeitsabwägung im Einzelfall in die Ermittlungen mit einbezogen werden.

Die Daten, die in die Untersuchungen mit einbezogen werden, werden heute schon von den Telekommunikationsunternehmen zu Abrechnungszwecken gespeichert. Neu ist nur, dass beim Telefonieren per Mobilfunk künftig auch der Standort gespeichert wird. Daten, die Aufschluss über den Inhalt der Kommunikation geben, dürfen nicht gespeichert werden.

Gespeichert werden auch Daten, die bei der Kommunikation über das Internet anfallen. Aber auch hier gilt: Festgehalten wird nur, welchem Teilnehmeranschluss eine bestimmte Internetprotokoll-Adresse (IP-Adresse) zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesen war sowie Daten über die E-Mail-Versendung. Nicht gespeichert werden darf, welche Internetseiten besucht wurden oder welchen Inhalt eine E-Mail hatte.

Wie bisher schon, können Polizei und Staatsanwaltschaft grundsätzlich nur auf die Daten zugreifen, wenn dies zuvor durch einen richterlichen Beschluss erlaubt wurde. Darüber hinaus wurde aber der Grundrechtsschutz aller, die von verdeckten Ermittlungsmaßnahmen betroffen sind, verstärkt. Dazu gehören unter anderem eine umfassende, gerichtlich kontrollierte Benachrichtigungspflicht und ein nachträglicher Rechtsschutz.

Wie bereits gesagt, setzen wir mit dem Gesetz eine entsprechende EU-Richtlinie um. Deutschland ist es gegen den Widerstand vieler anderer Mitgliedstaaten gelungen, die Mindestspeicherungsdauer auf sechs Monate (statt der ursprünglich auf EU-Ebene diskutierten 36 Monate) zu beschränken.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat in den parlamentarischen Beratungen zu diesem Gesetz dafür Sorge getragen, dass der Einsatz verdeckter Ermittlungsmaßnahmen zum Zweck der Kriminalitätsbekämpfung und dem Schutz vor schweren Straftaten mit hohen, grundrechtssichernden Schwellen verknüpft ist, so dass das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit aus meiner Sicht gewahrt bleibt. Deshalb habe ich dem Gesetzentwurf zugestimmt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. med. vet. Wilhelm Priesmeier