Frage an Wilhelm Priesmeier von Brigitte S. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Dr. Priesmeier,
in AGRAR-EUROPE 34/09, 17.08.2009 habe ich im Artikel "Man kann die Agrarpolitik nicht immer neu erfinden" äußern Sie sich auch zur Agro-Gentechnik
...."Große Zukunftspotentiale" verspricht er sich von der Grünen Gentechnik. allerdings seinen die gegenwärtig am Markt befindlichen Lösugnen wie MON810 ohne große ökonomische Bedeutung für die deutsche Landwirtschaft.
....kältetolerante Zuckerrohr und trockentolerante Getreidesorten im Auge. ...........Ernährungssicherung auf der Erde. ....Anderereseites.....Sorge die Entwicklung hin zu industriealisierter Landwirtschaft und Monokulturen...."
Hierzu meine Fragen:
1) Gentechnisch Veränderte Organismen (GVO´s) werden von den Konzernen grundsätzlich Patentiert - Beispiel MON810, BT-Baumwolle,...) in einem Symposium zur "Grünen Gentechnik" besteht die Industrie auf die Patentierung von GVO´.
->1a) Welches konkrete Zukunftspotential sehen Sie bei der Verwendung von patentgeschützten Saaten für den deutschen Landwirt?
->1b) Wie sehen Sie die Entwicklung bei den Agro-Konzernen?
->1c) Wie sieht es für den Verbraucher aus?
2) Gibt es Ihrer Meinung nach eine Koexistenz zwischen GVO-Landwirtschaft und GVO-freier Landwirtschaft?
->Wenn ja, welche ihnen bekannte Versicherungsgesellschaft übernimmt das Haftungsrisiko gegenüber Landwirten, Imkern und Gartenbesitzern bei Auskreuzungen von GVO durch Wind, Insektenflug, Transport und Verarbeitung?
->Wie steht es um die Haftungsrechte der Bürger - eigene Hausgarten?
3) Die global agierenden Hilfsorganisation (Miserior, Ev.Entw.Dienst, UNO,....) lehnen die Agro-Gentechnik grundsätzlich und wegen der neg. Folgen für die Nahrungsmittelversorgung (ua. Patente!) in den Schwellen- und Entwicklungsländern ab.
->Wie kommen Sie zu Ihre Aussage?
Sehr geehrte Frau Streber,
gerne beantworte ich Ihnen Ihre Fragen zur Grünen Gentechnik:
Zur Ihrer ersten Frage: Der Einsatz der Grünen Gentechnik hat zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine große ökonomische Bedeutung für die deutsche Landwirtschaft und spielt eine untergeordnete Rolle. Dies verdeutlichen auch die Zahlen für den kommerziellen Anbau.
Im Zusammenhang mit dem Einsatz von GVO sehe ich insbesondere die Marktdominanz des US-amerikanischen Monsanto-Konzerns sehr kritisch. Es kann nicht sein, dass sich nur ein Unternehmen weltweit den überwiegenden Anteil der Gentechnik-Forschung und --Verfahren patentieren lässt und damit die weitere Entwicklung in seinem Sinne beeinflusst. Die aggressive Unternehmens- und Expansionspolitik von Monsanto wird zu Recht in vielen Ländern kritisiert.
Ich bin strikt gegen Patente auf Tiere und Pflanzen, weil ich große ethische Vorbehalte habe. Es gibt erhebliche Probleme mit der gegenwärtigen Rechtslage. In der EU-Biopatentrichtlinie ist ausdrücklich die Patentierbarkeit von Pflanzen und Tieren vorgesehen, sie ermöglicht die Umgehung des Patentverbotes für Pflanzensorten und Tierrassen. Immer häufiger stehen konventionelle Züchtungen und grundlegende Zuchtverfahren wie Kreuzung und Selektion im Mittelpunkt von Patentansprüchen. Sie werden ergänzt durch einen technischen Verfahrensschritt -- in diesem Fall die Genanalyse -- und sind damit nach derzeitigem Recht patentierbar. Jedoch ist die Reichweite dieser Ansprüche bisher kaum einzugrenzen. So kann z.B. das umstrittene Schweine-Patent auf alle Schweinerassen angewendet werden und umfasst auch die Auswahl der Schweine und die Verwendung der ausgewählten Schweine zur Erzeugung von Nachwuchs. Wir brauchen ein klares Verbot von Patenten auf Tiere und Pflanzen und auf konventionelle Züchtungsverfahren.
In der nächsten Legislaturperiode werde ich daher zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen der SPD-Bundestagsfraktion die Diskussion um die Patentierung von Leben erneut anstoßen. Die europäische Richtlinie zur Biopatentierung muss überarbeitet und das nationale Recht entsprechend angepasst werden. Es muss verhindert werden, dass eine "Inflation der Patentanmeldungen" und kontinuierlich sinkende Anforderungen an die Erfindungsleistung dazu führen, dass sich durch weitreichende und massenhafte Patente die Nutzungsrechte in den Händen weniger Konzerne konzentrieren: Zu Lasten der Landwirte, der Züchter, der Tiere, der biologischen Vielfalt und der globalen Nahrungsmittelsicherheit.
Zur Frage 2. Unter Einhaltung strikter Sicherheitsmaßnahmen beim Anbau und Umgang mit GVO - wie Abstände und sorgfältiger Trennung der Warenströme vom Acker bis zum Endprodukt - ist es meines Erachtens möglich, Verunreinigungen zu vermeiden und so die Koexistenz zu sichern. Voraussetzung dafür ist aber die größtmögliche Transparenz z.B. bei der Kennzeichnung von Saatgut Es muss weiterhin konsequent alles gekennzeichnet werden, wo GVO enthalten sind.
Die Gespräche des Verbraucherschutzministeriums mit der Versicherungswirtschaft haben ergeben, das keine Versicherungsgesellschaft bereit war, das Haftungsrisiko zu übernehmen. Deshalb müssen GVO-Anbauer selbst haften. Damit ist auch für die GVO-Anbauer der Anreiz sehr hoch, dafür zu sorgen, dass es nicht zu Verunreinigungen kommt. Der Haftungsfall tritt nur bei einem wirtschaftlichen Schaden ein. Da Bürger in ihren Hausgärten in der Regel keinen kommerziellen Anbau von Agrarprodukten betreibt, entsteht kein Haftungsanspruch.
Zur Frage 3: Meine Position habe ich Ihnen oben erläutert. Mir ist bewusst, dass es zu diesem Themenbereich unterschiedliche Meinungen gibt. Diese diskutiere ich in meiner Funktion als stellvertretender agrarpolitischer Sprecher meiner Fraktion regelmäßig mit den Verbänden und Organisationen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. med. vet. Wilhelm Priesmeier