Frage an Wilhelm Priesmeier von Gabriel Z. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Dr. Priesmeier,
ich begrüße ausdrücklich wirkungsvolle Maßnahmen zur Bekämpfung von Kinder-Pornographie!
Nun habe ich allerdings einige Fragen zur aktuell geplanten Änderung des Telemediengesetzes.
Worauf stützt sich die Annahme, daß eine Beschränkung des Internet-Verkehrs (durch Sperrung von IP-Adressen etc.) die Anzahl der für Pornographie missbrauchten Kinder reduzieren wird? (Daran gibt es, wie Sie sicherlich wissen, erhebliche Zweifel.)
Wieviele IT-Experten haben im Bundestag schon zu diesem Thema gesprochen?
Wie wird sichergestellt, daß nicht weitere Internet-Adressen auf dem Index landen, die nichts mit Kinderpornographie zu tun haben.
Welche Kontrollinstanzen sollen für den geplanten Index eingerichtet werden?
Wie Sie sicherlich wissen, ist es relativ einfach, Standorte der Server aufzuspüren, von denen Kinderpornographie kommt; Sie wissen sicher auch, daß die meisten derartigen Server in Europa, USA, oder Australien stehen. Wieso werden nicht schon längst durch eine Polizeieinheit diese Server systematisch aufgespürt, abgeschaltet, und die Betreiber zur Verantwortung gezogen?
Wie stehen Sie als Abgeordneter meines Wahlkreises, und wie steht Ihre Partei zu diesen Fragen?
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Gabriel Zachmann.
Sehr geehrter Herr Zachmann,
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 18. Mai 2009, in dem Sie sich kritisch mit dem Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen auseinandersetzen.
Sexuelle Gewalt gegen Kinder ist ein abscheuliches Vergehen. In den vergangenen Jahren haben wir deshalb das Herstellen, die Verbreitung und den Besitz von Kinderpornographie lückenlos unter Strafe gestellt. Die Verbreitung von Kinderpornographie hat insbesondere im Internet in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. Gleichzeitig ist eine Tendenz zu immer jüngeren Opfern festzustellen.
Der kommerziellen Verbreitung über das Internet darf nicht tatenlos zugesehen werden. Bereits nach heutiger Rechtslage werden Kinderpornographie-Seiten, die sich auf deutschen Servern befinden, von den Internprovidern heruntergenommen. Dieser direkte Zugriff ist im Ausland nicht möglich. Deshalb ist es notwendig, den Zugang zu entsprechenden kinderpornographischen Internetangeboten von Deutschland aus zu sperren.
Der SPD-Bundestagsfraktion war bereits zu Beginn dieser Diskussion voll bewusst, dass wir uns in einem Spannungsfeld zwischen dem notwendigen Kampf gegen Kinderpornographie im Internet und den hierdurch betroffenen Freiheitsrechten der Bürgerinnen und Bürger bewegen. Deshalb haben wir stets deutlich gemacht, dass wir für eine entsprechende Internetsperre eine gesetzliche Grundlage für erforderlich halten, um rechtsstaatlichen Grundsätzen genügen zu können. Wie Sie wissen, hat es ja vor kurzem vertragliche Vereinbarungen mit großen Internetprovidern gegeben, die jedoch rechtlichen Zweifeln unterliegen.
Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf verfolgen wir das Ziel, den Zugang zu kinderpornographischen Inhalten zu erschweren. Uns ist bekannt, dass versierte Nutzer diese Sperrung technisch umgehen können. Es kommt uns aber entscheidend darauf an, die Hemmschwelle, die an dieser Stelle in den letzten Jahren deutlich gesunken ist, wieder signifikant zu erhöhen. Dem dient neben der Sperrung einzelner Seiten die Umleitung auf eine Stoppseite mit entsprechenden Informationen.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat durchgesetzt, dass Ende Mai eine Anhörung des Wirtschaftsausschusses durchgeführt wurde. Der Gesetzentwurf wirft zahlreiche inhaltliche und rechtliche Fragen auf, die wir während der Anhörung erörtert haben.
Während der Sitzung haben wir auch die in Teilen der Internet-Community aufgeworfenen Kritikpunkte, die ihren Ausdruck in einer stark beachteten E-Petition gefunden haben, ausführlich besprochen.
Die SPD-Fraktion wirbt dafür, sowohl das Thema Kinderpornographie als auch das freie Internet mit der gebotenen Sensibilität zu behandeln. Der wichtige Kampf gegen Kinderpornographie im Internet und die Rechte der Internet-Nutzer müssen sich nicht ausschließen. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren werden wir insbesondere prüfen, an welchen Stellen der Gesetzentwurf in datenschutzrechtlicher und verfahrensrechtlicher Hinsicht verbessert werden kann.
Eins ist allerdings klar: Weitere Schritte sind erforderlich, um Kinderpornographie effektiv zu bekämpfen. Die SPD-Fraktion hat dazu mit einem Anfang Mai beschlossenen 10-Punkte-Plan zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung ein umfassendes Konzept mit weiteren konkreten Maßnahmen vorgelegt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wilhelm Priesmeier