Frage an Wiebke Esdar von Clemens W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Esdar,
Parteimitglieder sind als Protagonisten einer Verwendung menschlicher Körper als Organ- und Gewebelieferant zeitnah mit der der Europawahl aufgetreten. Sie haben bei Ihrem Einsatz höchste Aufmerksamkeit erzielt ( https://www.welt.de/politik/deutschland/article191206119/Organspenden-Spahn-und-Lauterbach-stellen-Widerspruchsloesung-vor.html ). Sie werben mit der Verlegerin Friede Springer vom Springerverlag (u.a. Bildzeitung) und namhaften Persönlichkeiten aus der Poitik wie Gregor Gysi, Norbert Blüm, etc. für diese medizinische Behandlung, zusammen mit Vertretern der Charité – Universitätsmedizin Berlin ( https://leben-spenden.org/wer-wir-sind/ ). Ihre Partei hat von diesen persönlichen Werbekampagnen nicht profitieren können, manche sprechen bereits von ihrem Untergang.( https://www.ruhrbarone.de/europawahl2019-spd-der-untergang/168292 )
Wie beurteilen Sie persönlich diese "Wahlkampfauftritte" und welche Politikthemen sind die Ihren?
Die mitwerbende Patientenbeauftragte Frau Schmidtke meint, es mangele eben auch an der Spendenbereitschaft. „Wenn tolle neue Straßen gebaut werden, aber niemand benutzt sie, was bringen sie uns dann? ( https://www.tagesspiegel.de/berlin/organspende-debatte-um-die-widerspruchsloesung-jemand-muss-entscheiden/24138096.html ). Sie sagt: „Die Organspende muss viel mehr als bisher zum Normalfall werden“, was auch heißt, dass Menschen im Normalfall nicht mehr im Bett sterben, sondern auf einem Metalltisch im OP-Saal.
Eignet sich dieses Thema als Wahlkampfthema?
Haben Sie an Explantationen teilgenommen oder mittels Bildmaterial verinnerlichen können (Aufklärung!)?
Halten Sie es für überwiegend wahrscheinlich, daß die Wähler Bevormundung, gesetzliche Verpflichtungen, Zwangsmaßnahmen etc., wie z.B. eine gesetzliche Verpflichtung zur Organ- und Körperverwertung soweit kein Widerspruch vorliegt (Widerspruchslösung siehe vorstehende welt-url), mit ihrer Stimme nicht goutieren und was antworten Sie den Wählern?
Sehr geehrter Herr Wagner,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht. Ich hoffe, dass ich Ihre Anfrage richtig gedeutet habe und Ihnen geht es um die mögliche Einführung der Widerspruchslösung im Rahmen von Organspenden.
Derzeit gilt in Deutschland die Entscheidungslösung. Das heißt, dass nur die eine potenzielle Organspenderin bzw. der ein potentieller Organspender ist, die oder der ausdrücklich zugestimmt und das im Organspendeausweis auch dokumentiert hat.
Gemeinsam mit den Unionsfraktionen haben wir uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt, die Zahl der Organspenden in Deutschland zu erhöhen. Dazu wollen wir eine verbindliche Freistellungsregelung für Transplantationsbeauftragte schaffen und diese finanzieren. Zudem soll die Organentnahmen höher vergütet werden. Entsprechende Verbesserungen wurden vom Deutschen Bundestag im Februar diesen Jahres dann auch beschlossen.
Mir persönlich gehen diese Verbesserungen jedoch nicht weit genug. Im Jahr 2017 lag die Gesamtzahl der postmortalen Organspenden bei lediglich knapp unter 800 Spenderinnen und Spender. Demgegenüber warten derzeit mehr als 10.000 Menschen nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) auf ein dringend benötigtes Spenderorgan. Eine eklatante Lücke, die meiner Meinung nach nachhaltig nur durch die Einführung einer Widerspruchslösung zu schließen ist. Ergänzt werden muss die Widerspruchslösung aber um weitere Optimierungen der Prozesse in den Kliniken sowie durch weitere Verbesserungen bei der Aufklärung der Bevölkerung, um die Organspende voranzubringen.
Ich bin daher froh, dass der Bundestag am Mittwoch, 26. Juni 2019, in erster Lesung über zwei Gesetzentwürfe zur Neuregelung der Organspende, die beide von fraktionsübergreifenden Abgeordnetengruppen angekündigt wurden, debattiert. Im Anschluss an die zweistündige Debatte im Plenum sollen die Vorlagen zur weiteren Beratung an den federführenden Gesundheitsausschuss überwiesen werden. Der eine Entwurf, den Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Prof. Dr. Karl Lauterbach zusammen erarbeitet haben, sieht künftig eine Widerspruchslösung vor, nach der automatisch jeder zum Organspender wird, der dem nicht zu Lebzeiten widersprochen hat. Der andere Entwurf spricht sich für eine sogenannte Zustimmungslösung aus.
Sehr geehrter Herr Wagner, ich setze mich daher für entsprechende Neuregelungen ein und werde mich auch bei meinen Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag dafür stark machen.
Freundliche Grüße
Wiebke Esdar