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Wiebke Esdar
SPD
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Frage von Andreas R. •

Frage an Wiebke Esdar von Andreas R. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Dr. Esdar,

ich schreibe Ihnen mit Fragen bzgl. § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG da (1) Ihr SPD Parteikollege Herr Lothar Binding, der ebenso wie Sie Mitglied im Finanzausschuss ist, trotz seiner Rolle als Sprecher diese offenbar nicht konkret beantworten kann oder will und ich ihm (2) daher und im Einklang mit dem Moderationskodex keine weiteren Nachfragen dazu stellen möchte. Siehe dazu auch

https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/lothar-binding/fragen-antworten/512408
https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/lothar-binding/fragen-antworten/514551

Meine konkreten Fragen sind:

1) Mit welchen Fakten rechtfertigen Sie bzw. die SPD bzw. der Finanzausschuss die überwiegende Einstufung der betroffenen Geschäfte bzw. Anleger als "Zockerei" bzw. "Zocker"?

2) Worin genau besteht der Schaden, den diese Geschäfte bzw. Anleger für die Allgemeinheit verursachen bzw. warum trifft dies nicht auch auf andere Geschäfte bzw. Anleger oder Fonds zu welche dieselbe Art von Geschäften tätigen?

3) Wie hat der Finanzausschuss die Folgen der o.g. Neuregelung, z.B. auf das Handelsvolumen, das Steueraufkommen und Arbeitsplätze im Finanzbereich, vorab untersucht und mit welchem Ergebnis?

Bei allem Respekt für Herrn Binding für seine Mühe bei der Beantwortung von Fragen sowie seinen verständlichem Unmut über die unsachlichen Diskussionsbeiträge einzelner Teilnehmer in ANDEREN Internetforen: Es dient dem Diskussionsgegenstand und der sachlichen Diskussion in DIESEM Forum nicht, diese anderen Beiträge und deren Autoren hier zu nennen und "zu (t)adeln" anstatt auf konkrete Fragen konkret zu antworten. Was ist denn daran so schwer?

Da ich mir somit dafür keinen guten inhaltlichen Grund vorstellen kann wird damit m.E. im Zweifelsfall der Eindruck erweckt, dass es diese Antworten bzw. Argumente gar nicht gibt und damit das Vertrauen der Betroffenen Anleger in die Politik "verzockt", nachdem diese vorher bereits selbst als Zocker bezeichnet wurden. Darüber hinaus sind eigenverantwortlich handelnde und finanzkompetente Anleger durchaus fähig, aus eigenem Antrieb und durch eigenes Nachdenken hier berechtige Fragen und Argumente vorzubringen - weil Sie betroffen sind und nicht um jemanden "zuzubomben" (bei ca. 80 Fragen in 5 Monaten, davon viele zu anderen Themen! Das Mailaufkommen mag um ein Vielfaches höher sein).

Ich hoffe daher, dass Sie bereit sind, diese Fragen kurz und konkret mit Bezug auf 1)-3) zu beantworten - und sei es dadurch dass Sie klarstellen welche Antworten und Belege nicht verfügbar sind - damit die Betroffenen Anleger erfahren, warum und wie sie sich zukünftig anders verhalten sollen, gewerbliche Anleger jedoch nicht, und dies auch sachlich nachvollziehen können.

Mit freundlichen Grüßen
A. Rau

PS: Für den Fall, das einzelne Fragen im Vorfeld nicht bedacht und geklärt wurden, kann dies ja ggf. durch die Diskussion hier nachgeholt und für Nachbesserungen genutzt werden (sic!).

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Rau,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Gerne erläutere ich Ihnen hier meinen persönlichen Standpunkt zur beschlossenen Gesetzesänderungen. Bitte haben Sie aber Verständnis dafür, dass ich mich an dieser Stelle nicht an Ihrer Diskussion der drei Fragen mit Herrn Binding beteiligen werde. Für den weiteren Austausch mit ihm können Sie sich sicherlich gerne auch jederzeit per E-Mail an ihn wenden.

Bei der von Ihnen angesprochenen Änderung des §20 EStG handelt es sich aus meiner Sicht um eine sinnvolle Gesetzesänderung. Diese bezieht sich auf die steuerliche Behandlung von spekulativen Geschäften. Wir als SPD-Bundestagsfraktion möchten die Steuerzahler*innen nicht an Verlusten aus diesen Spekulationen beteiligen. Darüber hinaus ist die Beschränkung der Verlustverrechnung gerechtfertigt, da Anleger*innen mit großen Anlagesummen vom günstigen Abgeltungssteuersatz profitieren. Dieser Einschätzung ist auch der Koalitionspartner gefolgt und hat der entsprechenden Gesetzesänderung zugestimmt.

Mit der Neuregelung nach § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG können Verluste aus Termingeschäften, insbesondere aus dem Verfall von Optionen, künftig nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und mit den Erträgen aus Stillhaltergeschäften ausgeglichen werden. Die Verlustverrechnung ist beschränkt auf 10.000 Euro jährlich. Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils in Höhe von 10.000 Euro mit Gewinnen aus Termingeschäften oder mit Stillhalterprämien verrechnet werden, wenn nach der unterjährigen Verlustverrechnung ein verrechenbarer Gewinn verbleibt. Die Verluste können nicht mit anderen Kapitalerträgen verrechnet werden. Die Regelung greift für Verluste aus Termingeschäften, die nach dem 31. Dezember 2020 eintreten.

Das heißt, die Verlustverrechnung aus diesen Kapitalanlagen bleibt dem Grunde nach möglich, wird jedoch unterjährig begrenzt mit der Möglichkeit des Vortrags nicht verrechneter Verluste auf Folgejahre.

Grund für die Verlustverrechnungsbeschränkung ist, dass Termingeschäfte durch ihre begrenzte Laufzeit und durch Hebeleffekte in wesentlichem Umfang spekulativ sind. Es können einerseits hohe Gewinne und andererseits der Totalverlust der Anlage eintreten. Diese Effekte treten bei anderen Kapitalanlagen nicht in vergleichbarem Ausmaß auf. Verluste aus Termingeschäften werden deshalb in einem besonderen Verlustverrechnungskreis berücksichtigt, um das Investitionsvolumen und die daraus für Anleger entstehenden Verlustrisiken aus diesen spekulativen Anlagen zu begrenzen.

Der Gesetzgeber folgt beim Verfall von Optionen der Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Verlusten. Allerdings bleibt zukünftig der Umfang der je Kalenderjahr berücksichtigungsfähigen Verluste begrenzt.

Für Kapitalanleger mit einem Anlagevolumen bis 10.000 Euro bleibt bei Eintritt des Totalverlustes der Anlage die Verlustberücksichtigung mit anderen Termingeschäften und Stillhaltergeschäften aber in vollem Umfang möglich.

Durch die unterjährige Verlustverrechnung können nicht verrechnete Verluste auf die Folgejahre vorgetragen und in Höhe von maximal 10.000 Euro geltend gemacht werden. Pro Jahr können somit maximal 20.000 Euro an Verlusten aus Termingeschäften mit Gewinnen aus Termingeschäften verrechnet werden.

Freundliche Grüße
Wiebke Esdar

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