Frage an Werner Schieder von Heike R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Schieder,
die Sovietunion war einmal ein politisches geformtes Konstrukt, wo die Völker nicht um ihre Meinung gebeten wurden; Ebenso das römische Reich;
Weshalb versuchen Politiker so massiv dieses "geeinte Europa" zu schaffen, ohne die Völker zu fragen ob überhaupt und wie weit sie geeint werden wollen??? Haben Politiker das Recht, solche Entscheidungen an den betroffenen Völkern vorbei zu treffen, sich dabei nur auf ihr Wahlmandat berufend? Ich versichere Ihnen, dass mir und meinem sehr großen Bekanntenkreis keineswegs an noch mehr Europa gelegen ist ! Unsere deutschen Politiker fabulieren immer von der stabilen Demokratie in unserem Land, weshalb fürchten sie dann aber Volksabstimmungen zu derart fundamentalen Themen? Weshalb wird von Politikern dem Bürger der Sachverstand abgesprochen, wenn es um Volksabstimmungen geht, gleichzeitig aber von den gleichen Politikern an den Sachverstand der Bürger appelliert, wenn es darum geht gewählt zu werden und an die Macht zu kommen?
Herr Schieder, woher nehmen Sie und die Mehrheit der Bundstagsabgeordneten die Überzeugung, dass die überwiegende Mehrheit des deutschen Volkes noch mehr Europa will, wo die Politiker doch jede Volksbefragung dazu verhindern?
Mit freundlichem Gruß
Heike Rogall
Sehr geehrte Frau Rogall,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Die SPD tritt seit langem für direkte Demokratie bzw. Volksentscheide ein. Da es sich bei dieser Forderung aber um eine Verfassungsänderung handelt, bedarf es einer Mehrheit von zwei Dritteln in Bundestag und Bundesrat, die nicht zustande kommt, solange sich die CDU/CSU-Fraktion dagegen sperrt. Im Jahr 2004 haben wir -zum wiederholten Male- versucht, die CDU/CSU-Fraktion umzustimmen, was leider nicht gelungen ist.
Im Koalitionsvertrag konnte 2005 mit der CDU/CSU leider nur vereinbart werden: „Die Einführung von Elementen der direkten Demokratie werden wir prüfen.“ Die CDU/CSU-Fraktion hielt aber bis zuletzt an ihrer überkommenen Auffassung fest, weshalb das Vorhaben in der Großen Koalition zum Scheitern verurteilt war.
Die SPD hat hingegen zuletzt auf ihrem Bundesparteitag 2011 in einem umfangreichen Beschluss „Mehr Demokratie leben“ die langjährige Forderung bestätigt, die parlamentarische Demokratie durch Elemente direkter Demokratie zu ergänzen. Auf dieser Grundlage wird zur Zeit von der SPD-Bundestagsfraktion ein neuer Gesetzentwurf erarbeitet.
Wie Sie sehen, lehnen wir also keineswegs Volksbefragungen und -entscheide ab, sondern treten offensiv dafür ein. Falls wir unsere Ziele mit unserem Gesetzentwurf erreichen, schließt dies selbstverständlich auch die Möglichkeit von Abstimmungen zu europapolitischen Themen ein.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Schieder
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