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Werner Schieder
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Frage von Matthias K. •

Frage an Werner Schieder von Matthias K. bezüglich Familie

Hallo Herr Schieder,

welche Familien in der Armenrepublik Oberpfalz können mit diesen hier gezahlten Löhnen (7.- -13.-€) die hohen Strom- und Kraftstoffpreise noch bezahlen. Diese Preise wurden nur durch die Politik und ohne Sachzwänge ins uferlose getrieben. Im anderen Regionen mögen die Menschen, dank etwas höherer Löhne, diese Kosten eventuell noch bezahlen aber bei uns? Was gedenken Sie mit Ihrer sozialen Partei dagegen zu unternehmen? Haben Sie auch einmal überlegt, wie unsere Renten ausfallen werden? Und stoppen Sie endlich die ständig strengeren Anforderrungen unserer Verbrauchergesetze, die ebenfalls nicht mehr zu bezahlen sind.

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Kastner

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kastner,

vielen Dank für Ihre Frage über abgeordnetenwatch.de.

Die Schere zwischen der Einkommensentwicklung der Haushalte einerseits und der Energiepreise andererseits geht seit einigen Jahren zunehmend auseinander. Aus meiner Sicht liegt der Hauptgrund an der auch international vergleichsweise schlechten Lohnentwicklung in Deutschland. Lohnerhöhungen sind hinter der Produktivität zurückgeblieben. Gleichzeitig hat sich der Niedriglohnsektor ausgebreitet, wie Sie selber am Zahlenbeispiel zu den Stundenlöhnen anführen. Deswegen brauchen wir angemessene Lohnsteigerungen, eine Stärkung der Flächentarifverträge, die Austrocknung des Niedriglohnsektors einschließlich eines gesetzlichen Mindestlohnes. Wie Sie richtig bemerken, hängt die spätere Rente hiervon ab.

Zu den aktuell steigenden Strompreisen möchte ich Ihnen folgendes mitteilen:

Fakt ist, dass der neue Erneuerbare-Energien-Aufschlag pro Kilowattstunde Haushaltsstrom ab 2013 um 1,7 Cent höher auf dann 5,3 Cent ansteigen wird. Bei einem Gesamtpreis für eine Kilowattstunde Haushaltsstrom von 26 Cent ist das ein Aufschlag von 5-6%. Für einkommensschwache Haushalte sind auch die zu erwartenden Mehrbelastungen von ca. fünf Euro pro Monat (bei angenommenen 3500 kWh/Jahr) für einen durchschnittlichen 3-Personen-Haushalt eine Heraus-forderung. Die Ängste der Bürgerinnen und Bürger vor unbezahlbarer Energie sind daher ernst zu nehmen.

Fakt ist aber auch, dass sowohl Energiepolitik als auch die Preisgestaltung von Energie eine politische Frage und somit steuerbar ist. Die beschlossene und richtige Energiewende jetzt aufgrund der Steigerung der Umlage in Frage zu stellen -wie es CDU/CSU und FDP machen- ist untragbar, wenngleich die Preissteigerungen bei Heizöl und Benzin viel deutlicher ausfallen.

Seit 2009 werden die erneuerbaren Energien an der Börse gehandelt. Der Brennstoffkostenpreis von Wind und Sonne liegt schlichtweg bei null und sorgt aufgrund des Börsenmechanismus für Energie dafür, dass die erneuerbaren Energien den Börsenpreis senken. So können Energiever-sorger und stromintensive Industrie Strom billiger einkaufen. In den letzten Jahren haben die Energieversorger diese Einsparungen bisher nicht an die Haushaltskunden weitergegeben, ob-wohl so eine Strompreissenkung möglich gewesen wäre.

Die Industrie zahlt je nach Stromabnahme deutlich geringere Strompreise. Da sie im internatio-nalen Wettbewerb steht, wird sie außerdem bei Steuern, Umlagen und Netzkosten um ca. 9 Mrd. Euro pro Jahr besser gestellt. Diese Besserstellung erfolgt quasi mit der Gießkanne, so dass davon auch Unternehmen profitieren, die gar nicht im internationalen Wettbewerb stehen. Allein der Effekt aus dieser Befreiung oder Ermäßigung von der EEG-Umlage bis 2011 wird auf 2,5 Mrd. Euro geschätzt. Das erhöht die Umlage für die privaten Haushalte um weitere 0,6 Cent/kWh.

Die SPD-Bundestagsfraktion schlägt daher u.a. folgende Maßnahmen vor:

- Alleine in diesem Jahr hat sich die Zahl der von der EEG-Umlage befreiten Unternehmen verdreifacht. Statt einer Befreiung der Industrie nach dem Gießkannenprinzip muss es eine passgenaue Befreiung ggf. auch bei Steuern nur für Unternehmen geben, die im internationalen Wettbewerb stehen. Gleichzeitig müssen für diese Unternehmen Anreize geschaffen werden, um in Energieeffizienz zu investieren.

- Privathaushalte sowie kleinere und mittlere Unternehmen dürfen im Rahmen des Umlagesystems nicht für die Befreiung der Industrie herangezogen werden. Vielmehr muss überlegt wer-den, die Systematik über Steuern, Abgaben etc. zu verändern.

- Sinkende Kosten bei den Großhandelspreisen müssen an die Verbraucher weitergegeben wer-den statt als überhöhte Gewinne bei den Konzernen hängen zu bleiben.

-Strom, der nicht gebraucht wird, spart Kosten: Maßnahmen besonders im Bereich der Energieeffizienz wie z.B. kostenlose Energieberatung müssen vorangetrieben werden. Abwrackprämien für Elektrogeräte können zudem eine Möglichkeit sein, um einerseits deutsche Unternehmen zu fördern (hohe Effizienz ist hier vorhanden), und um sozialschwächeren Familien die Möglichkeit zu geben, Preissteigerungen durch Einsparungen zu kompensieren.

- Die Vorzüge der Erneuerbaren Energien müssen offensiv vertreten werden. Sie sind politisch gewollt und der richtige Weg in die Zukunft. Unberechenbare und versteckte Folgekosten wie bei den fossilen Energien gibt es nicht. Sie sind der einzige Weg, Abhängigkeiten zu beseitigen, oligopole Strukturen aufzubrechen und den Klimawandel beherrschbar zu machen.

Mit freundlichen Grüßen

MdB Werner Schieder