Frage an Werner Kruck von Elke T. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Sehr geehrter Herr Dr. Kruck,
Ihre Antwort auf meine Frage im Bereich Wirtschaft, hat mich überrascht, sowohl was die Mühe angeht, die Sie sich gemacht haben, als auch die Inhalte. Ich muss zugeben, was Sie geschrieben haben, habe ich noch nirgendwo gelesen oder gehört.
Am Rande haben Sie unser Steuersystem erwähnt. Solange ich mich zurückerinnern kann, wird darüber geklagt. Wie oft hat man schon Vereinfachungen versprochen? Es wird immer komplizierter. Gibt es da überhaupt eine Lösung?
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg! Endlich mal jemand, der einem inhaltlich etwas erklären kann und nicht nur wiederholt, was in der Vergangenheit schon zu nichts geführt hat.
Elke Trautmann
Sehr geehrte Frau Trautmann,
ich bin kein Steuerexperte. Und wenn man von einer Sache wenig versteht, läuft man immer Gefahr die Dinge zu einfach zu sehen. Doch zunächst man eine kleine Anektdote. Ich zitiere aus einem Spiegel-Artikel von 1953.
Als Ludwig Erhard im März 1948 Direktor der Frankfurter Verwaltung für Wirtschaft wurde, sprach es sich in breiteren Wirtschaftskreisen herum, daß da so ein Verrückter herumlaufe, der direkt vom Mond kommen müsse. Denn der Mann führe so wirre Reden über einen in Deutschland notwendigen liberalen Wirtschaftsvorstoß.
Entsetzen aber verbreitete sich selbst unter seinen Anhängern, als dieser Mann sich dann ganz kurz nach der alliierten Währungsreform an das Mikrophon des Rundfunks stellte und für große Warengruppen die bis dahin strenge Bewirtschaftung aufhob. Der einzige Bezugschein, den man künftig noch brauchen werde, sei die neue Deutsche Mark, erklärte er kühn.
Die Militärregierung machte darauf kurzen Prozeß. Sie holte den Wirtschaftsdirektor sofort nach der Rede aus seiner Amtsstube in der Frankfurt-Hoechster Kaserne heraus, um ihn vor die alliierten Wirtschaftsoffiziere zu zitieren. Als Erhard in den kleinen Versammlungsraum des IG-Farben-Hauses eintrat, begegnete er nur feindseligen Blicken.
Auf den Tischen der Offiziere lagen Statistiken, die über die seinerzeitige Versorgungslage Aufschluß gaben. Sie besagten nichts anderes, als daß die legal zur Verteilung kommende Produktion je Kopf der Bevölkerung folgende Leistungen ermöglichte:
a.. alle 18 Jahre ein Hemd,
b.. alle 29 Jahre ein Paar Strümpfe,
c.. alle 98 Jahre einen Anzug.
Wie er unter diesen Umständen dazu komme, die alliierten Bewirtschaftungsvorschriften abzuändern, herrschten die Offiziere Erhard an. Was der Deutsche auf diesen Vorwurf, hinter dem das Militärstrafgesetz drohte, erwidert hat, traute sich der Dolmetscher kaum zu übersetzen: "Ich habe sie nicht geändert. Ich hebe sie auf."
Vermutlich steht es ebenso mit der deutschen Steuergesetzgebung. Man kann sie nicht ändern, man muss sie abschaffen. Da der Staat natürlich Steuereinnahmen benötigt, sollten wir uns die Steuersysteme unserer europäischen Nachbarn ansehen und 2 bis 3 auswählen, die foogenden Kriterien genügen:
1. Steuereinnahmen für den Staat in vergleichbarer Höhe,
2. so wenig Gesetze wie möglich,
3. so wenig strittige Punkte wie möglich, im Idealfall keine Prozesse vor
den Finanzgerichten,
4. ohne Studium und Steuerberater beherrschbar,
5. von der Bevölkerung akzeptiert und als gerecht empfunden,
6. ein hohes Maß an Steuerehrlichkeit der Bürger und
7. keine erkennbare Behinderung steuernder Zielsetzungen wie z.B. Ökologie,
Familienförderung, Lastenausgleich zwischen Bevölkerungsgruppen oder Regionen etc.
Die 2 oder 3 Modelle sollten der Bevölkerung zur Abstimmung vorgelegt werden. Gibt es eine klare Zustimmung für eines der Systeme, wird zum Jahreswechsel unser System ausser Kraft gesetzt und das neue System eingeführt. Mit dem Staat, dessen System übernommen wird, schließt man einen Vertrag und unterstellt sich dessen Finanzgerichtsbarkeit für 2-3 Jahre. So sollte sich ein Wechsel vollziehen lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Kruck