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Waltraud Lehn
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Frage von Oliver G. •

Frage an Waltraud Lehn von Oliver G. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Lehn,

zum Konjunkturpaket Nr. 2 habe ich folgende Fragen die Sie mir hoffentlich beantworten können:

Wieso gibt es eine Abwrackprämie für den kauf eines Neuwagens in höhe von 2500 EUR und keine Prämien für den Kauf eines Fahrrads oder eine Prämie für ein Jahresticket des Öffentlichen Nahverkehrs?

Wieso wird ein Industriezweig hier die Automobilindustrie gegenüber anderen bereichen unserer Volkswirtschaft bevorzugt?

Wieso werden Unternehmen die offensichtlich in den letzten Jahren ihre Eigenkapitalreserven an die Aktionäre in Form von hohen Dividenden ausgeschüttet haben und es weitesgehend vermieden haben in Deutschland ihre Steuern zu bezahlen, gerettet?

Wäre es nicht sinnvoller bei strauchelnden Unternehmen eine geordnete Insolvenz durchzuführen und aus den übrig bleibenden Produktionsanlagen und Mitarbeitern neue Unternehmen zu gründen? Kleine Automobil Firmen wie die in Dorsten sitzende Firma Loremo könnten z.B. die (evtl. bald) stillgelgten Opel Standorte für ihre Produktion nutzen und so die Automobilbranche wiederbeleben.

Mit welchen Steuern und Abgaben will die Bundesregierung die Mehrbelastung die durch die erhöhte Staatsschuld entsteht decken?

Sind weitere Konjunkturpakete in diesem Jahr geplant?

Werden Sie erneut für den Wahlkreis Recklinghausen II bei der Bundestagswahl antreten?

Mit freundlichen Grüßen aus Ihrem Wahlkreis

Oliver Graute

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Graute,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur Abwrackprämie und zur Automobilindustrie, die ich Ihnen im Folgenden gerne beantworte.

Ziel der Abwrackprämie ist es, den Fahrzeugbestand zu bereinigen: Alte Spritfresser, die viel CO2 emittieren, sollen mit Hilfe der 2500 Euro möglichst schnell von Deutschlands Straßen verschwinden. Dies gilt nicht für Fahrräder. Im Gegenteil: Ich bin froh, dass fast 67 Millionen Fahrräder durch Deutschland rollen. Ihr Vorschlag macht also keinen Sinn. Beachten Sie bitte bei solchen Überlegungen auch immer, dass mögliche Prämien administrierbar sein müssen. Ich bin auch nicht der Meinung, dass die Automobilindustrie durch die 2500 Euro für jedes Altauto bevorzugt behandelt wird. Jeder vierte Arbeitsplatz in Deutschland hängt direkt oder indirekt von der Autobranche ab. So stellt zum Beispiel auch der Chemie-Bereich in Marl wichtige Zuliefererfunktionen. Aus diesem Grund muss auf der Autoindustrie ein besonderes Augenmerk liegen. Von Bevorzugung der Automobilbranche kann hier aber keine Rede sein. Auch in der Bauwirtschaft werden Investitionen für z. B. Bausanierung von öffentlichen Einrichtungen oder den Straßenbau getätigt, Arbeitsplätze werden so gesichert.

Sie fragen auch danach, warum Unternehmen, die in Deutschland keine Steuern gezahlt haben, gerettet werden. Dazu kann ich Ihnen sagen, dass die meisten Unternehmen in Deutschland sehr wohl ihre Steuern zahlen. Seriöse Schätzungen gehen von Gewinnverschiebungen in Höhe von 60 Mrd. Euro aus – das ist zwar viel, aber das heißt nicht, dass alle Unternehmen keine Steuern zahlen. Um die Gewinnverschiebungen ins Ausland zu unterbinden, haben wir erst letztes Jahr die Körperschaftsteuer gesenkt. Somit wird es immer unattraktiver für die Unternehmen, Gewinne nicht zu deklarieren.

Unternehmen werden in Deutschland auch nicht gerettet. Für die Bundesregierung kommen solche Hilfen nicht in Frage. Denn es ist nicht Aufgabe des Staates und des Steuerzahlers in solchen Fällen einzugreifen, in denen unternehmerische Entscheidungen möglicherweise nicht durchdacht genug waren. Es ist nicht vermittelbar, dass Unternehmen, hinter denen Milliarden-Vermögen stehen, mit Steuergeldern unterstützt werden.

Anders sieht es bei Banken aus: Das Bankensystem hat eine Schlüsselrolle, die gesichert werden muss: Wenn Banken fallen, können sie das gesamte Bankensystem gefährden. Die Auswirkungen auf Wirtschaft und auch Sparer wären verheerend. Die Bundesregierung hat sich deshalb in der Finanzkrise für ein Rettungspaket für Banken entschieden, das europaweit auf denselben Prinzipien beruht. Neben Bürgschaften können Banken in Deutschland auch Finanzspritzen bekommen. Aber nicht kostenlos: Sie übertragen dem Staat Anteile – als Gegenleistung für das Steuergeld. Bei den Banken ist dies ein sinnvolles Instrument.

Zu Ihren letzten Fragen: Weitere Konjunkturpakete sind v.a. vor dem Hintergrund der knappen Haushaltsmittel nicht geplant. Wir können uns dies schlichtweg nicht leisten! Das wird mein Nachfolger, Herr Michael Groß, genauso sehen. Weitere Fragen dürfen Sie in Zukunft gerne an ihn richten.

Freundliche Grüße aus dem verschneiten Berlin

Waltraud Lehn