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Waltraud Lehn
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Frage von Ursula N. •

Frage an Waltraud Lehn von Ursula N. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Lehn,

können Sie mir bitte erklären, warum die durchschnittlichen Beamtenpensionen deutlich höher als Renten der Arbeiter und Angestellten in der freien Wirtschaft sind und warum Beamte sowie ihre Arbeitgeber nicht in die staatliche Rentenversicherung einzahlen, sondern die Pensionen aus dem Steuersäckel finanziert werden?

Wie ist es möglich, dass ich nach 42 Berufsjahren eine Rente von 1.109,00 bekommen werden, pensionierte Beamte in meiner Altersklasse nach 20, 25 und 30 Dienstjahren bei in etwa gleichem Verdienst schon um die 1.300,00 Nettorente haben? Selbst wenn ganz vorsichtig an den Beamtenpensionen gerüttet wird, gehen Beamte finanziell immer noch deutlich besser gestellt in den Lebensabend.

Liegt hier nicht ein Ungleichgewicht vor, welches auf den Schultern der abhängig Beschäftigten mit mittleren Einkommen liegt?

Weiterhin würde ich gerne wissen, warum sich gut Verdienende ihren Versicherungsschutz in Rente und Gesundheit aussuchen dürfen, während die "normalen" Einkommen diese Wahl nicht haben. Ich verdiene 2.700,00 brutto und bin zwangsversichert. Warum lässt man mir nicht die Wahl und zwingt mich, das marode Sozialsystem weiterhin mitzufinanzieren?

Mit freundlichen Grüßen
Ursula Nurkowski

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Nurkowski,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 19. Oktober in dem Sie kritisieren, dass Beamte in der Rentenversicherung besser gestellt sind. Diese Meinung teile ich nicht. Rentenrechtliche Regelungen werden stets wirkungsgleich in das Beamtenversorgungsrecht übertragen. Durch das Gesetz zur Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes von 1989, das Versorgungsreformgesetz 1998, das Gesetz zur Neuordnung der Versorgungsabschläge von 2000 und das Versorgungsänderungsgesetz 2001 wurden einschneidende Änderungen in der Altersversorgung der Beamten vorgenommen. Außerdem unterliegen die Beamtenpensionen noch für eine lange Übergangszeit einer stärkeren Besteuerung als die Renten.

Die Bezüge der Versorgungsempfänger lagen im Jahr 2005 um 0,1 % unter denen des Jahres 2002. Erhöhungen sind bis einschließlich 2007 nicht vorgesehen. Vielmehr findet eine zweiprozentige Kürzung statt, weil mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2006, das der Deutsche Bundestag am 19. Mai 2006 beschlossen hat, die jährliche Sonderzahlung von 50 auf 25 % halbiert wird. Die Sonderzahlung bewirkt übrigens keine Bevorzugung gegenüber den Rentnern, weil bei der Rentenberechnung alle beitragspflichtigen Bezüge, also beispielsweise auch „Weihnachtsgeld“ berücksichtigt werden.

Auch bei den Beihilfen, die Beamten in Krankheits- und Pflegefällen gewährt werden und dem Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung entsprechen, sind bereits Verschlechterungen erfolgt. Dabei handelt es sich um Leistungseinschränkungen, Kostendämpfungspauschalen und zusätzliche Selbstbehalte der Beihilfeberechtigten. Da die Beihilfen in Verwaltungsvorschriften geregelt sind, die der Bund und die einzelnen Länder jeweils für ihren Bereich erlassen, sind die Regelungen allerdings nicht in allen Punkten einheitlich. Für den Bundesbereich hat das Bundesministerium des Innern zum 1. Januar 2004 eine Änderung der Beihilfevorschriften vorgenommen, mit der auch die Be- und Entlastungen durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz wirkungsgleich übertragen worden sind. Schon zum 1. Januar 2005 wurden die Beihilfeleistungen für Zahnersatz weiter eingeschränkt, wodurch den Bundesbeamten eine höhere Beitragsbelastung in der ergänzend zu unterhaltenden privaten Krankenversicherung entstanden ist. Welche weiteren Änderungen im Beihilferecht durch die zum 1. Juli 2005 erfolgte Beitragsmehrbelastung der Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung von 0,45 % geboten sind, wird vom Bundesministerium des Innern noch geprüft.

Das Sterbegeld ist nicht nur in der gesetzlichen Krankenversicherung gestrichen worden, sondern auch in den Beihilfevorschriften des Bundes, in denen die anteiligen Leistungen des Dienstherrn im Krankheitsfall geregelt sind. Weiterhin gibt es allerdings ein Sterbegeld im Beamtenversorgungsgesetz. Dem steht aber bei Arbeitnehmern vielfach ein tarifvertraglich geregeltes Sterbegeld und in der Rentenversicherung das sog. Sterbevierteljahr gegenüber. Dies bedeutet, dass die Witwe - anders als in der Beamtenversorgung - in den ersten drei Monaten nach dem Sterbefall die Rente des Verstorbenen in voller Höhe weiter bezieht. Entsprechendes gilt für betriebliche Altersversorgungen, die sich am Rentenrecht orientieren.

In der Pflegeversicherung der Rentner ist ab 1. April 2004 der Beitragszuschuss der Rentenversicherer in Höhe von 0,85 % entfallen. Diese Belastung wurde mit dem „Gesetz zur wirkungsgleichen Übertragung von Regelungen der sozialen Pflegeversicherung in das Dienstrecht...“ auf die Pensionäre des Bundes übertragen, wobei der entsprechende Abzug in einer Summe jeweils am 1. Dezember eines Jahres erfolgt.

In Ihrem Schreiben kritisieren Sie des Weiteren die Versicherungspflicht im deutschen Gesundheitswesen. Auch in diesem Punkt möchte ich Ihnen widersprechen. Die wirtschaftlichen Folgen für nicht abgesicherte Bürger können im Krankheitsfall verheerend sein und die Betroffenen in finanzielle Notlagen bringen oder im Extremfall sogar zur privaten Insolvenz führen. Bei Ausbruch einer Erkrankung kommen schnell finanzielle Aufwendungen zusammen, die der Einzelne allein nicht schultern kann. Wenn dieser Fall bei nicht abgesicherten Personen eintritt, wird im Zweifelsfall immer die Allgemeinheit aufkommen müssen.

Aus diesem Grunde ist die SPD-Bundestagsfraktion im Gesetzgebungsverfahren der Gesundheitsreform dafür eingetreten, einen umfassenden Versicherungsschutz für alle durchzusetzen. Dies schützt die betroffenen Bürger vor unvorhersehbaren finanziellen Risiken, beugt dem Missbrauch der sozialen Sicherungssysteme vor und stellt unsere Gesundheitsversorgung auf ein zukunftsfähiges Fundament.

Sehr geehrte Frau Nurkowski, ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Position verdeutlichen.

Mit freundlichen Grüßen

Waltraud Lehn, MdB