Frage an Waltraud Lehn von Ralph D. bezüglich Gesundheit
Sie schreiben (Antwort vom 18.1.2007):
Die Forderung nach einer ermäßigten Umsatzbesteuerung auf Arzneimittel wurde schon früher wiederholt erhoben – u.a. von Gesundheitspolitikern der SPD-Bundestagsfraktion.
-------------------------------------------------------------------------------
Warum hat die SPD nicht schon zu Schröders Zeiten (RotGrün) dafür gesorgt, dass die Medikamente den ermäßtigten Mwst-Satz erhalten?
Es ist doch heuchlerisch zu sagen, die SPD sei schon immer dafür gewesen.
Es ist einfach ein Skandal, dass Hundefutter den ermäßigten Steuersatz erhält und nicht die Medikamente.
Es ist auch ein Skandal, dass die Oma im Altenheim ihr Abführmittel (weil rezeptfrei) vom Taschengeld bezahlen muss. Wissen Sie eigentlich wieviel Not durch die Bezahlung der rezeptfreien Medikamente in Alternheimen entsteht ?
Ich schäme mich, dass ich 24 Jahre in der SPD war. Ich bin rausgegangen weil ich Sozialdemokrat bin.
Sehr geehrter Herr Dietz,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 28. Juli 2007. In Ihrem Schreiben kritisieren Sie, dass kein ermäßigter MWSt-Satz auf Arzneimittel besteht und thematisieren die Problematik von rezeptfreien Medikamenten und den damit verbundenen Kosten für ältere Bürgerinnen und Bürger.
Zuletzt gab es eine Diskussion über die Absenkung des MWSt-Satzes auf Medikamente im Oktober 2006 im Ausschuss für Gesundheit. Diese Diskussion hat erneut gezeigt, dass ein ermäßigter Umsatzsteuersatz auf Arzneimittel mit erheblichen Problemen verbunden ist. So führt eine Absenkung gleichzeitig zu steuerlichen Mindereinnahmen, die durch die zu erwartenden Entlastungen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht annähernd ausgeglichen werden können. Es ist dem Gesetzgeber nicht möglich, die Arzneimittelhersteller zur Senkung der Arzneimittelpreise im vollen Umfange der Senkung des Mehrwertsteuersatzes zu verpflichten. Deshalb ist zu befürchten, dass die so erzielten Einsparungen der GKV überhaupt nicht in vollem Umfang zur Verfügung stehen, sondern zum großen Teilen bei den Arzneimittelherstellern verbleiben würden. Die daraus resultierenden Steuerausfälle für den Gesamthaushalt würden sich eben auch negativ auf die gesetzliche Krankenkasse insgesamt auswirken, die aus dem Haushalt steuerliche Zuschüsse erhält.
Zudem möchte ich darauf hinweisen, dass die Lösung der insgesamt mit dem Mehrwertsteuergesetz verbundenen Problematik nicht durch die isolierte Betrachtung einzelner steuerlicher Ermäßigungen zu erreichen ist. Vielmehr muss eine Gesamtbetrachtung aller Ermäßigungen vorgenommen werden und dann nach eingehender Erörterung in eine insgesamt gerechte Lösung einfließen.
Die zweite Problematik, die Sie in Ihrem Schreiben ansprechen, sind die Kosten für rezeptfreie Medikamente, die von Bürgerinnen und Bürgern selber getragen werden müssen. Das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) sieht vor, dass alle frei verkäufliche Medikamente grundsätzlich vom Patienten zu bezahlen sind. Arzneimittel für Kinder bis zum 12. Lebensjahr und für entwicklungsgestörte Jugendliche sind hiervon ausgenommen. Am 16. März hat der Gemeinsame Bundesausschuss eine „Ausnahmeliste“, das heißt eine Liste von Arzneimittel, die als Standardtherapeutika bei schwerwiegender Erkrankung ausnahmsweise weiterhin zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden dürfen, beschlossen. Als schwerwiegend sieht er eine Krankheit an, die lebensbedrohlich ist oder auf Grund der Schwere der Gesundheitsstörungen, die sie verursacht, die Lebensqualität des Patienten auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt. Darüber hinaus hat der Gemeinsame Bundesausschuss dem gesetzlichen Gebot zur Wahrung der Therapievielfalt in seiner „Ausnahmeliste“ Rechnung getragen. Denn er hat zur Behandlung der Erkrankungen, die in der „Ausnahmeliste“ aufgeführt sind, auch die Verordnung von homöopathischen und anthroposophischen Medikamenten zugelassen, wenn diese Arzneimittel bei den jeweiligen Erkrankungen den Therapie-Standard in der jeweiligen Therapierichtung darstellen.
Sehr geehrter Herr Dietz, Gesundheit ist eines der wichtigsten Güter des Menschen und ich nehme die Sorgen und Ängste der Bürgerinnen und Bürger die Gesundheitspolitik betreffend sehr ernst. Das deutsche Gesundheitssystem ist eines der besten der Welt und wir können zu recht stolz auf es sein. Dennoch stellen der demographische Wandel und die Zunahme chronischer Erkrankungen das deutsche Gesundheitssystem vor große Herausforderungen. Um die finanzielle Stabilität der medizinischen Versorgung in Deutschland langfristig zu sichern, müssen wir Kompromisse finden. Es ist die Aufgabe der Politik, bei Ärzten und Patienten Klarheit darüber zu schaffen, welche Arzneimittel auch in Zukunft zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden dürfen und welche Kosten von den Patientinnen und Patienten selber getragen werden müssen. Es steht jedoch außer Frage, dass eine von einem Arzt angeordnete und medizinisch notwendige medikamentöse Behandlung auch in Zukunft von den Krankenkassen bezahlt wird.
Mit freundlichen Grüssen
Waltraud Lehn, MdB