Frage an Waltraud Lehn von Jonas S. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Lehn,
ich möchte nochmals auf Ihre Antwort vom 12.05. eingehen, in der Sie folgendes schrieben:
"Die Gegner der Maßnahmen merken auch an, dass Sperrmaßnamen leicht umgegangen werden können. Dies ist wohl für Informatiker oder Computerexperten einfach, nicht für gewöhnliche Nutzer."
In diesem Zusammenhang möchte ich Sie um ein kleines Experiment bitten. Nehmen wir an Sie wären ein Computerlaie und Sie möchten - aus welchem Grund auch immer - die geplanten Internetsperren umgehen. Sie würden auf Google gehen und "Internetsperren umgehen" eingeben und sogleich eine ganze Reihe von Ergebnissen finden. Der Einfachheit halber klicken Sie gleich auf den ersten Eintrag "Internetsperre umgehen in 27 Sekunden". Sie sehen eine 27-sekündige Videoanleitung und machen an Ihrem PC genau das gleiche. Herzlichen Glückwunsch - Sie werden nun nie eine Stoppseite zu sehen bekommen - alles zusammen hat sie höchstens 3 Minuten gekostet.
Würden Sie nun noch immer Ihren Standpunkt vertreten dass die Sperren nur von Experten umgangen werden können?
Eine zweite Frage: Es gibt eine leichtverständliche Abhandlung über dieses Thema von der Abteilung "Wissenschaftliche Dienste" des Deutschen Bundestages, Autoren Günter Pursch und Verena Bär. Auch diese Abhandlung können Sie im Intenet mit den Suchbegriffen "Sperrverfügung gegen Internet-Provider" finden. Haben Sie diese Abhandlung gelesen? Meiner Auffassung nach ist es die Pflicht eines jeden Abgeordneten dieses Dokument zu lesen, um überhaupt verantwortungsvoll über das Gesetz abstimmen zu können, gerade da es sich um den schwerwiegensten Eingriff in unsere Verfassung und gegen die nicht ohne Grund eingeführte Gewaltenteilung seit Jahren, wenn nicht sogar Jahrzehnten, handelt.
Mit freundlichen Grüßen,
Jonas Schwarz
Sehr geehrter Herr Schwarz,
natürlich ist mir bekannt, dass viele Nutzer die Sperrung von Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten technisch umgehen können. Es kommt aber entscheidend darauf an, die Hemmschwelle, die an dieser Stelle in den letzten Jahren deutlich gesunken ist, wieder signifikant zu erhöhen. Dem dient neben der Sperrung einzelner Seiten die Umleitung auf eine Stoppseite mit entsprechenden Informationen.
Auch die Abhandlung des Wissenschaftlichen Dienstes unseres Hauses ist mir bekannt. Mir ist außerdem bewusst, dass wir uns mit dem Gesetzentwurf in einem Spannungsfeld zwischen dem notwendigen Kampf gegen Kinderpornographie im Internet und den hierdurch betroffenen Freiheitsrechten der Bürgerinnen und Bürger bewegen. Deshalb hat unsere Fraktion stets deutlich gemacht, dass wir für eine entsprechende Internetsperre eine gesetzliche Grundlage für erforderlich halten, um rechtsstaatlichen Grundsätzen genügen zu können. Wie Sie wissen, hat es ja vor kurzem vertragliche Vereinbarungen mit großen Internetprovidern gegeben, die jedoch rechtlichen Zweifeln unterliegen.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat ebenfalls durchgesetzt, dass es zum Gesetzentwurf am 27. Mai eine Anhörung des Wirtschaftsausschusses geben wird. Damit können wir auch die von Ihnen und dem wissenschaftlichen Dienst aufgeworfenen Kritikpunkte angemessen einbeziehen und erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
Waltraud Lehn, MdB