Frage an Walter Hirche von Kay S. bezüglich Staat und Verwaltung
Sehr geehrter Herr Hirche,
lt. Wahlprogramm 2003 wollte sich die FDP für " die Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft für Gewerbetreibende in den Industrie- und Handelskammern" einsetzen. Obwohl dieses Ziel nicht erreicht wurde, ist es im aktuellen Wahlprogramm nicht mehr zu finden. Was haben Sie seit 2003 für die Abschaffung der Zwangsmitgliedschaften unternommen und wie stehen Sie heute zu dem Thema ?
Sehr geehrter Herr Stummeyer,
die Eckpfeiler einer freiheitlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung sind Selbstbestimmungsrecht und Eigenverantwortung des Bürgers. Als Liberaler bedarf für mich eine Pflichtmitgliedschaft einer besonderen Begründung. Dies gilt auch für die Kammern.
Der Doppelcharakter der Kammern (Selbstverwaltung des eigenen Bereichs und staatliche Aufgabenwahrnehmung) war - analog zum Doppelcharakter der Kommunen - mit Bedacht gewählt. Aufgabe der Kammern soll nicht nur die Interessenvertretung der gewerblichen Wirtschaft sein, sondern im Unterschied zu den Unternehmerverbänden auch im Auftrage des Staates übergeordnete allgemeine volkswirtschaftliche bzw. gesamtwirtschaftliche Interessen berücksichtigen (z.B.Lehrlingsausbildung, gutachterliche Stellungnahmen). Deshalb hat sich auch die FDP auf einem Bundesparteitag 2006 mehrheitlich für die Beibehaltung der Pflichtmitgliedschaft entschieden. Ein Aufheben der Pflichtmitgliedschaft würde die Kammern zu Parallelorganisationen der freiwilligen Wirtschaftsvereinigungen machen. Die kritische Frage nach der Berechtigung einer Pflichtmitgliedschaft auch in Zukunft bleibt ein ständiger Prüfauftrag, der die Kammern zu Recht zwingt, ihren Nutzen für die Mitgliedsbetriebe ständig aktuell unter Beweis zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Walter Hirche