Frage an Volkmar Vogel von Helga M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Vogel!
Die Militärausgaben aller beteiligten Länder in Afghanisten werden auf täglich 100 Millionen Dollar geschätzt. Die weltweiten Spendengelder für zivile Projekte ( Straßen etc) und NGOs werden mit 7 Millionen Dollar täglich angegeben. (Von diesen Spenden kamen in den letzten Jahren etwa ein Drittel nicht nach Afghanistan und von den geflossenen Geldern ging ein Teil an die Geberländer zurück).
Warum betragen die Militärausgaben in Afghanistan mehr als das zehnfache der Ausgaben für zivile Projekte?
Freundliche Grüße aus Thüringen von Frau Helga Müller
Sehr geehrte Frau Müller,
vielen Dank für Ihre Frage an mich und einige meiner Kollegen bezüglich der militärischen und zivilen Anstrengungen in Afghanistan. Mit meinen CDU Kollegen aus Thüringen habe ich diese Antwort abgestimmt.
Afghanistan ist mit eines der ärmsten Länder der Welt und zugleich auch eines der krisenanfälligsten. Vor dem Eingreifen der internationalen Gemeinschaft bestand in Afghanistan eine durch die Taliban errichtete Schreckensherrschaft, in der auch fundamentalste Menschenrechte missachtet wurden. Darüber hinaus war Afghanistan ein Rückzugsraum und Trainingsgebiet für Extremisten, die mit ihrer Gewalt alle liberalen Gesellschaften bedrohten.
Das Ziel ist es, eine staatliche Ordnung zu etablieren, die die grundlegenden Voraussetzungen politischer Legitimation erfüllt, sich also auf die große Mehrheit der afghanischen Bevölkerung stützen kann. Unser Bemühen im Wiederaufbau des Landes darf deshalb nicht abreißen.
Um zur Beantwortung Ihrer Frage zu kommen: der Wiederaufbau in Afghanistan trägt zur Sicherheit bei. Umgekehrt gilt: die Verbesserung der Sicherheitslage ist Grundvoraussetzung für den erfolgreichen, flächendeckenden Wiederaufbau. Das heißt, eine unserer größten Anstrengungen besteht darin, die zur sicherheitspolitischen Lage stabilisierenden, notwendigen Institutionen aufzubauen.
Dazu gehören neben einer funktionierenden Justiz auch Polizei und Militär. Besondere Bedeutung kommt daher dem Aufbau afghanischer Sicherheitskräfte zu, die in steigendem Maße selbst zur Herstellung der Sicherheit beitragen soll. Auf dem Bukarester NATO- Gipfel vom 02. bis 04. April 2008, hat die internationale Gemeinschaft ihr Bestreben in Afghanistan bekräftigt und einen "umfassenden politischmilitärischen Plan" verabschiedet, der das bisherige Vorgehen konkretisiert und fortentwickelt.
Auf den ersten Blick mag es anmuten, dass für militärische Zwecke mehr Geld ausgegeben wird, als für zivile Projekte. Es darf aber nicht unterschätzt werden, dass in den finanziellen Mitteln für militärische Projekte viele zivile Projekte mitfinanziert werden. Darunter fällt ein Großteil der ländlichen Infrastruktur, also Brücken, Straßen, Wasserversorgung, Elektrizität, etc.
Bislang wurde folgendes erreicht:
Inzwischen haben 4 Millionen Afghanen Zugang zu Trinkwasser. Deutschland hat mitgeholfen, dörfliche Wassernetze wieder instand zu setzen, Brunnen zu bauen und Wasserreservoirs anzulegen.
Mit unserer Unterstützung entstehen Überlandleitungen und Wasserkraftwerke, zunächst zur Stromversorgung von 500.00 Menschen im Norden Afghanistans.
Unser Ziel ist es, die insgesamt 29 Millionen Einwohner Afghanistans mit frischem Wasser und mit Strom zu versorgen.
6,5 Millionen junge Menschen, darunter ein Drittel Mädchen, können wieder zur Schule gehen. Bisher wurden landesweit 3.500 Schulen gebaut. Über 40.000 Studierende, darunter ein viertel junge Frauen, sind an den landesweit 19 Universitäten des Landes eingeschrieben. Frauen nehmen am öffentlichen Leben teil.
Wir haben mitgeholfen, Krankenhäuser instand zu setzen. Heute hat die Mehrheit der Afghanen Zugang zur medizinischen Versorgung, dennoch liegt die durchschnittliche Lebenserwartung nur bei 45 Jahren.
Bis 2010 wird die internationale Staatengemeinschaft den Wiederaufbau in Afghanistan mit rund 30 Milliarden US- Dollar unterstützen, ein drittel davon spendet die Europäische Union. Deutschland ist mit 900 Millionen Euro beteiligt und damit das viertgrößte Geberland.
Natürlich wird auch der afghanischen Regierung eine hohe Eigenverantwortung beigemessen. Afghanistan muss sich auf Dauer selbst regieren und auch stabilisieren können. Aber jenseits dessen sind verstärkte Bemühungen der internationalen Gemeinschaft bei Militär, Polizei und Gesellschaft weiterhin notwendig und wichtig, auch zur Steigerung der tatsächlichen Einsatzfähigkeit afghanischer Sicherheitskräfte.
Deshalb braucht Afghanistan unsere Unterstützung und dafür macht sich auch die CDU/CSU- Fraktion im Deutschen Bundestag stark.
Mit freundlichen Grüßen
Volkmar Vogel