Frage an Volkmar Vogel von Ralf K. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Vogel,
wann endlich wird auch das Straßennetz privatisiert? Es ist doch für einen möglichen Investor bestimmt gewinnbringender ein gut ausgebautes Straßennetz privat zu bewirtschaften als ein fast nicht mehr vorhandenes und kaputtes Schienennetz.
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Kuke
Sehr geehrter Herr Kuke,
grundsätzlich geht es bei der Frage der Privatisierung von Staatsunternehmen oder öffentlicher Unternehmen doch weniger um Vorteile und Bedürfnisse von Investoren, sondern vielmehr um die Frage, ob sich daraus Vorteile für Bund, Länder oder Kommunen bzw. die Bürger ergeben. Dieser Aspekt muss grundsätzlich im Zusammenhang mit Privatisierungen in den Mittelpunkt der Abwägungen gestellt werden. Und ich denke, das wird er auch! Denn: Privatisierungen dürfen kein Selbstzweck sein.
Die entscheidenden Prüfungsfragen lauten dann: Ist eine Privatisierung verfassungsrechtlich möglich? Welche "strategische" Relevanz hat die Aufgabe? Kann sie nur mit staatlichen Ressourcen wahrgenommen werden bzw. können private Anbieter dieselbe Qualität garantieren? Es geht hierbei also nicht lediglich um die Beachtung von Fragen der Effizienz oder der Höhe eines einmaligen Veräußerungserlöses.
Für das Straßennetz stößt man bereits bei der Beantwortung der ersten Frage auf verfassungsrechtliche Vorgaben, denn: gemäß § 90 Abs. 1 und 2 des Grundgesetzes ist der Bund Eigentümer von Bundesautobahnen und Bundesstraßen wobei die Bundesländer diese im Auftrag des Bundes verwalteten. Dies soll auch so bleiben, eine Änderung des Grundgesetzes ist nicht geplant und in meinen Augen nicht wünschenswert. Die Bereitstellung eines funktionierenden Straßennetzes ist und bleibt die Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen.
Was ich hingegen, natürlich nach umfassender und gründlicher Prüfung im Einzelfall, für einen guten Weg halte, um die öffentlichen Haushalte zu entlasten sind Public Private Partnerships (PPP). Denkbar wäre, dass ein privates Unternehmen z.B. eine Bauleistung auf einen Streckenabschnitt einer Bundesautobahn übernimmt, dann für einen vorab festgelegten Zeitraum die Instandhaltung übernimmt und für diesen Zeitraum solange im Gegenzug die Einnahmen aus der LKW-Maut erhält, die sonst an den Bund gegangen wären. Klar muss natürlich auch sein, dass das nicht in allen Regionen Deutschlands im gleichen Maße machbar ist.
Ähnliche Projekte einer Vorfinanzierung durch private Anbieter im Rahmen von PPP-Projekten sind z.B. für Landesstraßen denkbar, um auch angesichts knapper öffentlicher Kassen dringend benötigte Bauvorhaben realisieren zu können. Hierzu gibt es in Bayern einige interessante Vorhaben, ohne dass hierbei eine Maut o.ä. für die betroffenen Streckenabschnitte angedacht wäre. Vielmehr handelt es sich um eine Finanzierungsvariante zwischen Ländern und privaten Unternehmen, die der schwierigen Haushaltslage Rechnung trägt ohne hierbei den Bürger als Straßenverkehrsteilnehmer negativ zu tangieren.
Bei Baumaßnahmen im Bereich der Straßeninfrastruktur gibt es jedoch viele weitere Ansatzpunkte zu Effizienzverbesserungen. Nicht zuletzt auch das Zusammenwirken vom Bund und Ländern im Rahmen der Planungsverfahren gilt es zu verbessern und effizienter zu gestalten.
Da Sie diesen Vergleich in Ihrer Frage ziehen, möchte ich abschließend zum Thema Schieneninfrastruktur kommen. Auch das Schienennetz wird nicht privatisiert werden. Das Netz wird nach dem aktuell diskutierten "Holding-" oder "Infrastruktursicherungsmodell" auch in Zukunft zu 100% im Eigentum des Bundes bleiben - und das ist meiner Meinung nach auch gut so!
Lediglich die Verkehrsgesellschaften sollen teilprivatisiert werden, aber auch hier bleibt der Bund Mehrheitsaktionär. Er erhält zudem einen Teil der durch den Börsengang gewonnen Erlöse zur freien Verwendung. Hierdurch wird der öffentliche Haushalt entlastet. Die Teilprivatisierung dient aber auch dazu, für Investitionen dringend benötigtes Kapital bereitzustellen und so die Wettbewerbsfähigkeit der DB AG zu stärken. Dies vor allem vor dem Hintergrund der von den EU betriebenen Öffnung der europäischen Schienenmärkte im Jahr 2010.
Über Details wird man in der Regierungskoalition aber weiter intensiv verhandeln müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Volkmar Vogel
Mitglied des Deutschen Bundestages