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Volker Ullrich
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Frage von Henriette S. •

Frage an Volker Ullrich von Henriette S. bezüglich Innere Sicherheit

Ich möchte wissen, warum Sie Abschiebungen nach Afganistan befürworten. Dieses Land ist kein sicheres Land, weil dauernd Anschläge durch die Taliban und IS passieren.

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Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau S.,

Deutschland und insbesondere Bayern haben sich in der Flüchtlingskrise in einer Weise engagiert, die in Europa einzigartig ist. Seit dem Jahr 2015 haben wir so über eine Million Flüchtlinge in unserem Land aufgenommen. Diese große Herausforderung ist nur durch die beeindruckenden Leistungen der Kommunen und Landkreise, der Hilfsorganisationen, der Bundeswehr, der Kirchen und der vielen Ehrenamtlichen vor Ort zu meistern. Allen, die sich beruflich oder privat engagieren, gilt unser Dank.

Wir werden unserer humanitären Verantwortung auch weiter gerecht werden. Im Hinblick auf die begrenzten Mittel und die begrenzte Integrationsfähigkeit unseres Landes liegt es daher in unserer Verantwortung, in einem schnellen Verfahren zwischen denen zu unterscheiden, die nur aus wirtschaftlichen Gründen zu uns kommen und den Menschen, die politisch verfolgt werden oder durch einen Bürgerkrieg in Lebensgefahr geraten sind und die bei uns weiterhin ein Bleiberecht haben sollen. Nur so können die Kapazitäten von Bund und Ländern genutzt und die Versorgung vor Ort sichergestellt werden.

Dies bringt es mit sich, dass Menschen ohne Bleiberecht unser Land auch wieder verlassen müssen. Maßnahmen zur Rückführung müssen wir verantwortungsvoll, aber gleichzeitig konsequent durchführen. Integration für die Menschen, die hier einen Anspruch auf Schutz haben und Rückführungen derjenigen, die ausreisepflichtig sind, gehören zusammen. Auch das ist Teil unserer humanitären Verantwortung.

Was die von Ihnen angesprochenen Abschiebungen nach Afghanistan anbelangt, möchte ich noch auf folgende Aspekte hinweisen:
Die Schutzquote für afghanische Asylbewerber lag in Deutschland mit 55,8 Prozent fast doppelt so hoch wie im EU- Durchschnitt (32 Prozent). Vor diesem Hintergrund ist die Zahl der jährlichen Rückführungen afghanischer Staatsangehöriger aus Deutschland damit vergleichsweise gering. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und eine gefestigte Rechtsprechung deutscher Verwaltungsgerichte haben mehrfach bestätigt, dass Rückführungen nach Afghanistan im Einzelfall möglich sind. Aktuell betrifft dies nur Straftäter sowie Gefährder und im Ausnahmefall Menschen, die sich hartnäckig ihrer Mitwirkung an der Identitätsfeststellung verweigern.

Andere EU-Mitgliedstaaten wie z.B. die Niederlande, Großbritannien, Schweden und Dänemark und Norwegen führen Personen in deutlich höherem Umfang nach Afghanistan zurück.

Uns ist bewusst, dass die Sicherheitslage in Afghanistan volatil und regional unterschiedlich ist: Es gibt Regionen, in denen die Lage ausreichend kontrollierbar und für den Einzelnen vergleichsweise ruhig und stabil ist. In jedem Einzelfall muss das Gefährdungsrisiko unter Einbeziehung sämtlicher individueller Umstände (wie Ethnie und Herkunftsregion, Konfession, Familienstand und Herkunft) geprüft werden. Dies steht im Einklang mit der Einschätzung des UNHCR.

Daneben fördern wir die freiwillige Rückkehr und werden dies auch in Zukunft fortsetzen und weiter ausbauen. Das Instrument der freiwilligen Rückkehr funktioniert aber nur dann, wenn wir gleichzeitig auch die zwangsweise Abschiebung solcher ausreisepflichtiger Personen, die nicht freiwillig zurückkehren, konsequent durchsetzen. Über 3.300 freiwillige Rückkehrer sind im vergangenen Jahr zu verzeichnen. Noch weitaus höher ist die Zahl der freiwilligen Rückkehrer aus benachbarten Ländern: Aus Pakistan kehrten 2016 mehr als 600.000 Menschen zurück nach Afghanistan. Sie sehen also offenbar eine Zukunft im Land. Einer der Gründe für diese freiwillige Rückkehrbereitschaft sind die deutlichen Fortschritte, die Afghanistan seit 2001 gemacht hat, etwa in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Infrastruktur, Frauenrechte oder in der staatlichen Verwaltung.

Die Menschen, die bei uns die demokratischen Grundwerte und Menschenrechte kennengelernt haben, können in ihrer Heimat als Multiplikator wirken. Die Rückkehr ist auch deshalb so wichtig, weil insbesondere die jungen Menschen dort für den Aufbau stabiler Strukturen und die Entwicklung des Landes dringend gebraucht werden und dabei die hier erlernten Fähigkeiten gut einsetzen können. Präsident Ghani, ebenso wie viele Vertreter der Zivilgesellschaft, haben immer wieder davor gewarnt, dass vor allem gut ausgebildete junge Afghanen abwandern. Es wird nur gemeinsam mit der afghanischen Regierung sowie tatkräftiger Unterstützung durch die afghanische Bevölkerung gelingen, mehr Stabilität in Afghanistan zu schaffen, die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern und Vertrauen in effektive staatliche Strukturen aufzubauen. Schutz für die wirklich Bedürftigen und eine nachhaltige Unterstützung des Landes bedürfen deshalb auch eines glaubwürdigen Rückkehrkonzepts.

Die CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag und ich persönlich treten für eine ausgewogene Asyl- und Flüchtlingspolitik ein. Wir wollen auf keinen Fall über die Köpfe der Menschen hinweg entscheiden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Volker Ullrich MdB

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