Frage an Volker Ratzmann von Philipp L. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Lieber Herr Ratzmann,
ich möchte an Sie als einem der führenden Entscheider der Grünen in Berlin folgende Frage stellen:
In der letzten Legislaturperiode wurden in Berlin im breiten Konsens aller größeren Parteien die Weichen für ein aus meiner Sicht langfristig tragbares Schulsystem in Berlin gestellt. Dabei wurden mit der integrierten Sekundarschule (ISS) und dem Gymnasium die beiden Säulen eines differenzierten und doch integrativen Oberschulsystems geschaffen, die in Kombination mit der 6-jährigen Grundschule, die Deutschland ja so nur in Berlin und Brandenburg kennt, eigentlich ein Schulsystem darstellen, was über viele ideologische Gräben hinweg akzeptabel und zukunftsfähig sein sollte.
Dazu meine Frage: Werden die Grünen dieses zweigliedrige Schulsystem akzeptieren und stärken oder werden sie dieses System langfristig versuchen zu unterminieren (z.B. durch weitere Denunzierung von Gymnasien als Elitenschulen)? Wie werden sich die Grünen insbesondere zu dem als Pilotprojekt verbrämten Versuch stellen das differenzierte Schulsystem in Berlin durch ein sozialistischen Bildungskombinat, genannt Gemeinschaftsschule zu ersetzen?
Dieses Lieblingsprojekt der Linken ist m.E.n. der Spaltpilz der Berliner Schullandschaft. Und die Mechanismen der links-ideologischen Bildungsprojekte sind immer die gleichen - da werden in einer selbstverschuldeten Wüstenlandschaft (ich gehe davon aus, dass sie den bejammernswerten baulichen Zustand viele öffentlicher Pankower Schulen kennen) Subvention- und Investionsoasen geschaffen, deren wettbewerbsverzerrender Vorteil dann prompt als Erfolg der zugrundeliegenden Ideologie gefeiert wird (Stichwort Anmeldezahlen in der Gemeinschaftsschule - übrigens selbst dieses Argument ist fadenscheinig, da auch sehr viele andere Schulen z.B. in freier Trägerschaft übernachgefragt sind - dies liegt vor allem auch daran, dass es kaum noch normale Schulen gibt).
Über eine zeitnahe Antwort würde ich mich sehr freuen.
Viele Grüße,
Philipp Lengsfeld
Lieber Philipp Lengsfeld,
in der Hoffnung, dass Sie hier nicht nur Ihre Position als bezirklicher CDU-Politiker kundtun wollten sondern wirklich an der Thematik interessiert sind, möchte ich Ihnen sehr gerne antworten:
Wir wollen in allererster Linie ein neues Bildungsklima - geprägt von Vertrauen, Verlässlichkeit und Beteiligung. Wir wollen keinen Schulkampf, sondern einen Schulkonsens. Die vielen rot-roten Reformen der letzen Jahre mögen gut gemeint gewesen sein, aber nicht alle waren auch gut gemacht. Die Abschaffung der Hauptschulen war ein richtiger Schritt, jetzt müssen wir allerdings dafür sorgen, dass die neuen Sekundarschulen attraktive Bildungsorte werden. Es geht darum, die Qualität und Lernkultur an allen Schulen, auch den Gymnasien, zu verbessern - gemeinsam mit Eltern, Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern.
Ziel dürfen dabei nicht ideologische Grabenkämpfe sein (Sie schreiben von "sozialistischen Bildungskombinaten" und einer "Denunzierung von Gymnasien") sondern die bestmögliche Förderung für alle Kinder. Das gegliederte Schulsystem ist dafür nur bedingt geeignet, weil es nachweislich dazu geführt hat, dass der Bildungserfolg stark von der sozialen Herkunft abhängt und die Schularten untereinander sehr undurchlässig sind. Zum Berliner Schulsystem gehört auch die Gemeinschaftsschule. Sie steht neben den anderen Schulformen und soll ein Angebot für die Eltern sein, die sie als beste Schulform für ihre Kinder ansehen. Interessanterweise sind diese Schulen in Berlin sehr nachgefragt. Wir wollen Wahlfreiheit und die bestmögliche Ausbildung in allen Schultypen.
In Berlin wurde gerade erst tiefgreifende Schulreformen durchgeführt, für die die Schulen nun erst einmal Zeit zur Umsetzung brauchen. Weitere Groß-Reformen stehen nicht zur Debatte. Wir wollen Ruhe und uns um die Qualität in den Schulen kümmern und nicht um sinnlose Strukturdebatten.
Herzliche Grüße
Volker Ratzmann