Frage an Volker Ratzmann von Ada A. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Ratzmann,
Berlin als Hauptstadt der Armen und der Arbeitslosen braucht dringend eine neue Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik.
Offiziell git es in Berlin 14 % Arbeitslose, dazu kommen noch jede Menge NiedriglöhnerInnen und Altersarme. Die Armutsküchen, beschönigend "Tafeln" genannt, sind in der Hauptstadt erschreckend gut besucht. Welche konkreten Lösungen bieten Sie den WählerInnen gegen die wachsende Armut?
Die Abgeordnetenhausfraktion der Grünen hat vor einer Weile in der Abendschau gesagt, dass sie die bestehenden geringen Sozialleistungen in Berlin noch weiter (!) kürzen will. Wovon sollen die zahlreichen davon betroffenen Menschen dann leben? Die geringen Sozialleistungen sind heute schon nicht existenzsichernd !Die Grünen wollen den Öffentlichen Beschäftigungssektor (ÖBS), abschaffen. Welche Alternative haben SIe für die davon betroffenen Menschen? Die Grünen hatten bereits mit der Rot-Grünen Bundesregierung für die Einführung des Armutsgesetzes Hartz IV und für die Agenda 2010 gesorgt. Dadurch wurden auch in Berlin Dumpinglöhne, Leiharbeit und Minijobs statt sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze massenhaft etabliert. Was tun Sie für die Opfer u.a. der verfehlten Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik der Grünen, falls Sie in Berlin an die Landesregierung kommen ?
Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort. Mit freundlichen Grüßen
Ada Adler
Sehr geehrte Frau Adler,
vielen Dank für die ausführliche Frage.
Dass die Berliner Bündnisgrünen Sozialleistungen wie das Arbeitslosengeld II oder die Grundsicherung kürzen wollten, ist nun wirklich völliger Quatsch. Außerdem ist diese Materie eine Bundesangelegenheit - und hier kämpfen die Grünen ausdrücklich und nicht erst seit gestern für eine Existenzsichernde Bemessung von "Hartz IV" im Einklang mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.
Auch Ihre Informationen zu unserer Position zum öffentlich geförderten Beschäftigungssektor (ÖBS) sind schlichtweg falsch. Vielmehr kritisieren wir seit langer Zeit, dass die bloße Konzentration auf das rot-rote Prestigeprojekt Öffentlichen Beschäftigungssektor zu einseitig und zu kurz gegriffen ist. Geht es nach der derzeitigen Regierung, wird das Land Berlin massiv Einsparen und außer für den ÖBS so gut wie keine Mittel für Arbeitsmarktpolitik mehr bereitstellen - weder für Ausbildungsförderung noch für andere arbeitsmarktpolitische Maßnahmen jenseits des ÖBS. Das halten wir für äußerst fatal.
In Ihrer allgemeinen Problemanalyse möchte ich Ihnen jedoch ausdrücklich zustimmen: In der Sozial- und Arbeitspolitik Berlins muss sich dringend einiges ändern. "Arm aber sexy" - über diesen Spruch können von Existenzängsten Betroffene schon lange nicht mehr lachen. Denn die Schere zwischen arm und reich klafft in unserer Stadt immer weiter auseinander. Berlin leidet unter der deutschlandweit höchsten Arbeitslosenquote.
Ausdrücklich nimmt sich unser Programm zur Abgeordnetenhauswahl diesen unhaltbaren Zuständen an: "Eine Stadt für Alle" ist unser Ziel, jeder und jedem muss meiner Ansicht nach gesellschaftliche Teilhabe und die Entfaltung ihrer bzw. seiner Möglichkeiten ermöglicht werden. Die hierzu im Weg stehenden Blockaden zu lösten ist eine gewaltige Aufgabe. Grade vor dem Hintergrund der enormen Verschuldung des Landes Berlin. Unsere konkreten Vorstellungen dazu finden Sie ausführlich gleich im ersten Kapitel unseres Wahlprogramms, bspw. ein Landesbeschäftigungsprogramm für Langzeitarbeitslose betreffend.
Herzliche Grüße
Volker Ratzmann