Frage an Volker Ratzmann von Barbara S. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Ratzmann,
neulich haben wir erfahren, dass die Autobahn von dem Neuköllner Abschnitt bis an den Treptower Park verlängert werden soll, wofür angeblich sogar einige Häuser weichen müssen (am Ende der Beermannstr.).
Trifft diese Information zu? Was werden Sie als grüner Vertreter von Treptow dagegen unternehmen, dass dieses Naherholungsgebiet noch zusätzlich belastet wird? (Ohnehin wird der Park schon durch eine vielbefahrene Straße zerschnitten.)
Sowohl in Treptow als auch in Kreuzberg, wo die Grünen ja bekanntlich beachtliche Stimmenanteile erhalten, vermissen wir zudem ein klares Bekenntnis zum Fahrrad, was sich endlich einmal in mehr und besser ausgebauten Fahrradwegen äußern könnte. Wird sich hier in naher Zukunft etwas ändern?
Mit freundlichen Grüßen,
Barbara Schulte
Sehr geehrte Frau Schulte,
vielen Dank für Ihre Mail und die Möglichkeit zu den Plänen für einen Weiterbau der A 100 Stellung zu nehmen. Im Moment stellt sich die Sachlage wie folgt dar: Sowohl im Berliner Flächennutzungsplan als auch im Stadtentwicklungsplan Verkehr ist vorgesehen, die A 100 als Autobahn bis zur Frankfurter Allee weiterzuführen. Allerdings ist nur der Weiterbau bis zur Straße am Treptower Park im Bundesfernstraßenausbaugesetz als vordringlicher Bedarf enthalten. Die Anmeldung zum vordringlichen Bedarf oblag dabei den Bundesländern. Wir haben auf Landesebene vergeblich versucht, die Anmeldung des Autobahnweiterbaus als vordringlichen Bedarf zugunsten eines Ausbaus der Schienenverbindung nach Polen zu verhindern. Da es sich um eine Autobahn handelt, wird die Finanzierung zu 100 Prozent durch den Bund getragen. Im Doppelhaushalt 2006/2007 des Landes Berlin sind daher keine Mittel für den Autobahnbau eingestellt. Fachleute in und außerhalb unserer Bundestagsfraktion gehen allerdings davon aus, dass die im Bundesfernstraßenausbaugesetz festgestellten vordringlichen Bedarfe mit mindestens 50 Milliarden Euro unterfinanziert sind. Das heißt, auch vom vordringlichen Bedarf wird nur ein Bruchteil gebaut - dies war auch in Zeiten einer straßenorientierten schwarz-gelben Bundesverkehrspolitik so. Da in den Bewertungsverfahren zu den von den Bundesländern angemeldeten Projekten der Ausbau der Berliner Stadtautobahn am unteren Ende der Skala rangierte, halte ich einen Weiterbau der Autobahn zum Treptower Park in den nächsten Jahren für unwahrscheinlich. Auf jeden Fall müsste vor Baubeginn ein Planfeststellungsverfahren incl. der darin vorgesehenen Bürgerbeteiligung eingeleitet und abgeschlossen werden, das im Minimum zwei Jahre benötigen dürfte. Ich hoffe sehr, dass es uns als Grüne in Berlin bis dahin gelingt, die Berliner Verkehrspolitik so zu beeinflussen, dass auf dieses unsinnige Projekt grundsätzlich verzichtet wird. Als Grüne setzen wir diesem Projekt eine Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs und der Schiene und eine klare Priorität für eine höhere Verkehrssicherheit von nicht motorisierten VerkehrsteilnehmerInnen entgegen. Selbstverständlich gehört dazu eine Stärkung des Fahrrades als Verkehrsmittel. Nicht zuletzt dem Engagement unserer Fraktion ist es zu verdanken, dass für neue Fahrradwege und -spuren pro Jahr fast 5 Millionen Euro im Landeshaushalt zur Verfügung stehen. Der im nächsten Jahr fertig gestellte und von Michael Cramer initiierte Mauerradweg bietet gerade zwischen Kreuzberg und Treptow eine gute Ergänzung des bestehenden Radwegenetzes. Allerdings setzen wir nicht nur auf neue Strecken und eine verbesserte Beschilderung, sondern auch auf ein generelle Temporeduzierung des motorisierten Individualverkehrs. Während sich für die AutofahrerInnen die durchschnittliche Reisezeit maximal um wenige Minuten erhöht, bedeutet Tempo 30 (nicht nur) für RadfahrerInnen ein sehr deutliches Plus an Verkehrssicherheit und Wohlbefinden beim Radeln. Die mangelnde Ausweisung von weiteren Tempo 30 Straßen und auch neu angelegte Radwegen, die sich zwischen Bushaltestellen und Fußgängerampeln auf dem Bürgersteig hindurchschlängeln zeigen allerdings. Der rot-rote Senat ist nicht nur in der Frage des Autobahnbaus, sondern auch in der Radfahrpolitik noch ziemlich weit von einer wirklich zukunftsfähigen Verkehrspolitik entfernt, die das Zeichen der explodierenden Ölpreise richtig erkennt.
Ich freue mich, dass wir zu dieser Frage augenscheinlich gleicher Ansicht sind und bedanke mich für Ihre uns stets willkommene Unterstützung.
Mit freundlichen Grüßen
Volker Ratzmann